Sportphilosoph: Bundesliga-Clubs «Leuchttürme» ihrer Region

Sportphilosoph Gunter Gebauer sieht die Fußball-Bundesliga trotz teils bedenklicher Entwicklungen in den vergangenen Jahren als weiterhin «starkes Identifikationsangebot».

Der Profifußball sei «vielleicht nicht mehr das große Lagerfeuer», sagte Gebauer (79) der Deutschen Presse-Agentur. Die einzelnen Clubs seien aber «Leuchttürme für ihre Region». Am 24. August vor 60 Jahren war der erste Bundesliga-Spieltag der ersten Saison 1963/64 angepfiffen worden.

Bundesliga vergleichbar mit «Tatort»

«Fußball kann vereinigen. Man redet über Fußball, das ist ein Thema, das für die Regionen in Deutschland enorm wichtig ist», sagte Sportsoziologie Gebauer. «In meiner zweiten Heimatstadt Köln spricht man am Samstag auf dem Markt, am Käsestand, nur über den FC. Und auf dem Markt fängt man morgens um 5.00 Uhr an, zu arbeiten und sieht zu, wie man das Geld verdient. Das Einkommen ist im Vergleich zum Fußball nicht gerecht – trotzdem sind alle begeistert vom FC. Und das war immer schon so.»

Die Bundesliga könne man «mit dem Tatort vergleichen: Jede Region hat ihren Kommissar und ihr Team, dabei bleibt man», sagte Gebauer. «Am Sonntagabend sitzt Deutschland vor dem Tatort im ersten Programm. Das sind Ruheräume, die wir brauchen. Wir werden bombardiert mit schrecklichen Nachrichten, zum Wirtschaftsgeschehen, zum Krieg, zum Streit der Parteien, zum Aufstieg der AfD.»

Fußball wird «zur Handelsbörse»

Die massiv gestiegenen Gehälter und Ablösesummen bewertet der emeritierte Professor für Philosophie und Sportsoziologie an der FU Berlin kritisch. «Der Fußball ist seit einiger Zeit als Investorenobjekt entdeckt worden, von amerikanischen Fonds und Privatinvestoren und mit diesen irrsinnigen Einsätzen auch aus der Golfregion», sagte Gebauer. «Das Finanzielle ist etwas, das in Deutschland immer mit Misstrauen beobachtet worden ist, viel stärker als in anderen Ländern.» Der Fußball werde «zur Handelsbörse – das verstört».

Mit der höheren Finanzkraft anderer Ligen könne die Bundesliga nicht konkurrieren. Das 50+1-Modell, das in Deutschland im Grundsatz die Übernahme der Vereine durch Investoren verhindert, «sei überhaupt nicht zu kritisieren, im Gegenteil», sagte Gebauer. «Aber man sieht, das ist jetzt nicht mehr das (sportlich) erfolgreichste Modell. Das gibt natürlich zu denken.»