Mit dem angepeilten Titel-Hattrick kann Ricarda Funk bei den Kanuslalom-Weltmeisterschaften unweit von London erneut Sportgeschichte schreiben. So wie vor zwei Jahren in Tokio, als die Kajak-Spezialistin das erste deutsche Olympia-Gold bei den Sommerspielen in Japan holte und mit gefühlvollen Worten die Menschen berührte.
Denn inmitten der Erfüllung ihres Kindheitstraumes gingen ihre Gedanken an die durch das Hochwasser so schwer getroffene Heimat ins Ahrtal. «Ich schicke einfach ganz viel Liebe nach Hause. Ich sage nur: Kreis Ahrweiler ist stark und gemeinsam schaffen wir das», sagte Funk nach ihrem Coup im Wildwasserkanal von Tokio und machte sich nach ihrer Rückkehr selbst ein Bild von den massiven Zerstörungen. Zudem unterstützte sie den Wiederaufbau.
Seitdem paddelte sie weiter auf der Erfolgswelle, krönte das Olympia-Jahr noch mit dem WM-Sieg 2021 in Bratislava und verteidigte auf ihrer Heimstrecke im Vorjahr bei der WM in Augsburg sogar ihren Titel. Nun könnte am Samstag im britischen Lee Valley White Water Centre 30 Kilometer nördlich von London, wo sie 2015 ihre erste WM-Medaille gewann, den dritten WM-Titel hintereinander holen.
«Pure Leidenschaft»
Die 31 Jahre alte Sportsoldatin vom KSV Bad Kreuznach ist keine, die sich deswegen extra unter Druck setzt. «Erstmal liebe ich wirklich den Sport, mir macht es mega Bock, an mir zu arbeiten, einfach das Beste aus mir heraus zu kitzeln», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Es sei «pure Leidenschaft». Mit dieser Einstellung tanzt das Leichtgewicht, das enorme Kraftwerte mitbringt, quasi über die Wellen.
Medial haben nach dem Olympiasieg die Anfragen zugenommen, sonst sei «alles beim Alten geblieben. Ich wohne immer noch in Augsburg, trainiere immer noch fleißig», sagte sie und schaltet wieder in den Wettkampfmodus. «Am Ende muss ich mich auf den Sport konzentrieren, meine ganzen letzten Körner mobilisieren. Da kann ich wenig Ablenkung gebrauchen.»
Noch lebt der «Traum von Olympia in vollem Umfang. Tokio waren ja leider abgespeckte Olympische Spiele, das fehlt doch noch so ein bisschen», erklärte sie aufgrund der Umstände in der Coronapandemie. Und in Paris hätte sie mit der neuen Disziplin Kajak-Cross sogar eine doppelte Medaillenchance, auch wenn die Abläufe völlig anders sind.
Neue olympische Disziplin
«Wenn ich beim Boarder-Cross am Start stehe, da bin ich wirklich aufgeregt und nervös. Man darf sich nichts erlauben, es kommt auf jede Kleinigkeit an, am Ende Head-to-Head, man kann nichts planen, weiß nicht, was passieren wird», sagte sie über die neue olympische Disziplin, die im Training bislang etwas stiefmütterlich betreut wurde. Das soll sich bis Paris ändern: «Wir müssen auch im alltäglichen Training die Tore hängen haben, ohne die kann man die grundlegende Technik nicht trainieren. Wir müssen da eine Schippe drauflegen.»
Dafür müsse primär das Olympia-Ticket her. Im Canadier und Kajak bekommt nur ein Athlet oder Athletin den Quotenplatz, «der nicht personengebunden ist», erklärte Cheftrainer Klaus Pohlen. Das bedeutet, dass in Paris inklusive Cross maximal sechs Teilnehmer pro Nation fahren könnten.
«Das ist bitter, definitiv, das macht unsere Olympia-Quali auch so Monster-schwer. Man würde sich als Sportler schon wünschen, dass man irgendwie eine Lösung finden würde, dass man nach der Weltrangliste gehen würde», sagte Funk. «Wer am Ende nach Paris fahren darf, entscheidet sich bei den nationalen Qualifikationen im Frühjahr», sagte Pohlen, der die Qualis im April in Augsburg und dann in Markkleeberg bei Leipzig angesetzt hat.