Die Spieler befinden sich in einer Schockstarre – und die Verantwortlichen suchen verzweifelt eine Antwort auf die Frage: Was ist los mit dem THW Kiel? Nach dem blamablen Aus im DHB-Pokal gegen den Bundesliga-Vorletzten HSG Wetzlar herrscht beim deutschen Handball-Rekordmeister Krisenstimmung.
«Die Anhäufung der Negativerlebnisse ist schon ein Alarmsignal», sagte THW-Geschäftsführer Viktor Szilagyi der Deutschen Presse-Agentur. Er kündigte eine knallharte Analyse an: «Niemand steht außerhalb jeglicher Diskussion. Wir werden alles intern ansprechen, um uns Schritt für Schritt aus dieser Situation herauszuarbeiten.»
Durch das 31:32 gegen Wetzlar hat der THW – wie schon in der Vorsaison – die Teilnahme an der Pokal-Endrunde verpasst. «Wir haben das erste K.o.-Spiel der Saison weggeworfen. Das ist total bitter. Damit ist ein Traum zerplatzt», sagte Szilagyi.
Schlimmste Pleitenserie seit 20 Jahren
Es war die vierte Niederlage in Serie in einem nationalen Pflichtspiel, nachdem die Kieler zuvor in der Bundesliga bereits dreimal nacheinander verloren hatten. Eine solche Pleitenserie erlebte der THW zuletzt vor mehr als 20 Jahren. Kapitän Domagoj Duvnjak brachte die Stimmung beim sonst so erfolgsverwöhnten Meister auf den Punkt: «Das ist ein Schock. Für jeden von uns.»
THW-Coach Filip Jicha stellte sich nach dem nächsten sportlichen Tiefschlag zwar vor die Mannschaft. «Ich liebe diesen Verein und bin dafür zuständig, dass wir für diesen Verein erfolgreich sind. Also bin ich sportlich verantwortlich für diese Niederlage», sagte der 41-Jährige.
Doch ganz aus der Verantwortung wollte der Tscheche die verunsicherten Spieler nicht nehmen: «Das Spiel war ein deutliches Signal, dass – wenn man für den THW Kiel spielt – man in jedem Spiel weit über die Grenze hinausgehen und raus aus der Komfortzone muss. Es liegt nun an uns allen, wie schnell und intensiv wir uns aus dieser Mini-Krise herausarbeiten», sagt Jicha und stellte damit die Charakterfrage.
Aura des Unbezwingbaren verloren
Das Team wirkt verunsichert und reagiert derzeit nicht auf schwierige Situationen innerhalb eines Spiels. «Wir sind aktuell im Kollektiv nicht in der Lage, ergebnisorientiert Handball zu spielen und Schwankungen und Formtiefs einzelner Spieler aufzufangen», analysierte Szilagyi. Der Geschäftsführer forderte: «Wir müssen uns ganz schnell wieder in die mentale Lage versetzen, dass uns Rückschläge im Spiel nicht mehr aus der Fassung bringen.»
Der THW hat seine langjährige Aura des Unbezwingbaren verloren. Das liegt auch am Verlust der Superstars Niklas Landin und Sander Sagosen im Sommer. Mit dem Weltklasse-Torwart aus Dänemark und dem Rückraum-Ass aus Norwegen fehlen zwei Ausnahmekönner, die in der Vergangenheit so manches Spiel im Alleingang aus dem Feuer gerissen haben. «Natürlich fehlen sie irgendwo. Aber das ist Geschichte. Das muss man akzeptieren», sagte Szilagyi.
Jetzt sind andere gefordert, die Kieler aus der Krise zu führen. Doch nach dem bitteren Pokal-Aus herrscht in der Mannschaft «ein Stück weit Schockstarre», wie Kreisläufer Hendrik Pekeler dem Portal «handball-world.news» berichtete. «Aus dieser Situation, die wir uns selbst eingebrockt haben, müssen wir irgendwie wieder herauskommen.» Seine Forderung: «Wir dürfen uns jetzt nicht gegenseitig zerfleischen, sondern müssen an unsere Stärke glauben und diese auch wieder trainieren.»