Die DFB-Frauen und die schwierige Trainersuche

Wenn es ganz schlecht läuft für die deutschen Fußballerinnen in den beiden bevorstehenden Nations-League-Spielen, dann beginnt nächste Woche schon wieder eine Trainerdebatte.

Horst Hrubesch ist Chefcoach nur auf Zeit. Bei einer verpatzten Olympia-Qualifikation müsste der DFB viel früher als erhofft eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger suchen. Die große Frage stellt sich ohnehin: Soll es – wie bei dem HSV-Idol – jemand von außen sein? Einer aus dem Männerfußball? Oder wie bei Martina Voss-Tecklenburg und ihren Vorgängerinnen mal wieder jemand aus dem Frauenbereich?

«Grundsätzlich sehe ich keine Schwierigkeiten, wenn ein Trainer geholt wird, der nicht aus dem Frauenbereich kommt. Man kann sich einarbeiten. Das wäre beispielsweise bei jemandem aus dem Ausland nicht anders», sagte Almuth Schult der Deutschen Presse-Agentur. Die Olympiasiegerin von 2016 und langjährige Nationaltorhüterin ist seit der Geburt ihres dritten Kindes ohne Verein. Die Ex-Wolfsburgerin gehört aber immer noch dem Mannschaftsrat der DFB-Auswahl an.  

Die 32-Jährige sieht den «ganz großen Zeitdruck» für den DFB in der Trainerfrage nicht: «Wenn es mit der Olympia-Teilnahme nicht klappen sollte, steht das nächste Turnier ja erst in eineinhalb Jahren an.» Das wäre die Europameisterschaft 2025 in der Schweiz. 

Erst einmal Sportdirektoren-Posten klären

Dieser Tage will der DFB zunächst die Besetzung des neuen Sportdirektoren-Postens für die Frauen perfekt machen: Nia Künzer soll es nach «Bild»-Informationen werden. Die erste Hauptaufgabe der Ex-Weltmeisterin: kurz- oder mittelfristig einen Trainer oder eine Trainerin für die zuletzt so gebeutelten Vize-Europameisterinnen zu finden. Gehandelt werden Namen aus der Liga wie Tommy Stroot (Wolfsburg) und Stephan Lerch (Hoffenheim) sowie der frühere Meistercoach der Bayern-Frauen, Thomas Wörle, der inzwischen erfolgreich die Drittliga-Männer des SSV Ulm 1846 betreut.

Einer wie Christian Wück als Coach der U17 bei der WM empfiehlt sich derzeit beim DFB für höhere Aufgaben. Und die Liste der beschäftigungslosen Trainer mit Profi-Erfahrung ist lang und reicht von Miroslav Klose über Sandro Schwarz bis zu André Breitenreiter. «Was diese Mannschaft jetzt braucht, ist einfach eine Weiterentwicklung. Wir brauchen da einen unumstrittenen Fachmann oder eine Fachfrau», mahnte DFB-Vizepräsidentin und Ex-Nationalspielerin Celia Sasic.

In der Vergangenheit hatte der Verband viele Jahre auf Trainerinnen gesetzt, die aus dem Frauenbereich kommen und wenig bis gar keine Erfahrung im Club-Bereich hatten: Voss-Tecklenburg, Steffi Jones, Silvia Neid und Tina Theune. Aber ob es dem DFB nicht neue Impulse verleihen würde, wenn mal jemand aus dem Männerfußball die Verantwortung übernimmt? «Horst Hrubesch ist ja auch jemand, der von außen kam», sagte Schult. Eine schnelle Einarbeitung ist bei einer Bundesliga mit nur zwölf Teams und wenigen Auswahlspielerinnen aus dem Ausland machbar. Und der Trainermarkt bei den Männern gibt alleine durch die vielen männlichen Absolventen der DFB-Akademie viel mehr her.

Kampf ums Olympia-Ticket

Angesichts der Krisensituation und der erstarkten internationalen Konkurrenz hat der DFB keine Zeit zu verlieren, um seine Frauen-Auswahl wieder in die Spur zu bringen. Nach dem WM-Debakel in Australien müssen die deutschen Spielerinnen gegen Dänemark an diesem Freitag (20.30 Uhr/ZDF) in Rostock mit mindestens zwei Toren Differenz gewinnen, um weiter eine realistische Chance auf den Gruppensieg und damit ein Olympia-Ticket zu haben. Falls es schiefgeht, könnte die Partie vier Tage später in Wales theoretisch schon die letzte von Hrubesch sein. Nur als Gruppenerste würden die DFB-Frauen Ende Februar im Finalturnier der Nations League um einen der zwei europäischen Plätze für Paris 2024 spielen. 

Hrubesch war nach der Krankmeldung der damaligen Bundestrainerin Voss-Tecklenburg, deren Vertrag beim DFB nach einer Hängepartie inzwischen aufgelöst wurde, wie schon einmal 2018 eingesprungen. Der 72-Jährige will Alexandra Popp und Co. unbedingt zu den Sommerspielen führen. Weiter führen seine öffentlichen Äußerungen bisher nicht: «Für mich ging’s darum, mit den Mädels diesen Traum zu erfüllen.» Unter Umständen würde er bei Olympia noch auf der Bank sitzen.

Genau das würden sich viele Spielerinnen wünschen. «Extrem angenehm», meinte Lena Oberdorf, sei die Zusammenarbeit mit Hrubesch. «Wenn er will, dann kann er gerne bleiben», sagte ihre Wolfsburger Kollegin Kathrin Hendrich. Schult meinte: «Mit seiner Persönlichkeit und seiner sachlichen Art hat er dem deutschen Team viel Reputation gebracht. Die Spielerinnen schätzen so etwas sehr, nachdem es in den vergangenen Monaten etwas drunter und drüber ging.»

Von Ulrike John und David Joram, dpa