Nach dem feierlichen Empfang in der Heimat ging es für die Gold-Jungs der U17-Auswahl zurück in den Alltag. «Ich mache dieses Jahr Abi. Deshalb muss ich am Dienstag in den Mathe-Unterricht», erzählte Eric Emanuel da Silva Moreira vom FC St. Pauli bei der kleinen Party im DFB-Campus.
Der WM-Triumph des Teams von Trainer Christian Wück sorgte beim Deutschen Fußball-Bund für große Erleichterung und schürte Hoffnungen für die Zukunft. «Vor wenigen Monaten hieß es noch, der deutsche Fußball liegt am Boden und was ist mit unserem Nachwuchs los. Das war ein richtiges Ausrufezeichen, passend zur Europameisterschaft, das wir gesetzt haben. Wir haben ein Wintermärchen erlebt und hoffen, dass sich das im nächsten Jahr mit einem Sommermärchen fortsetzt», sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf mit Blick auf die Heim-EM.
DFB-Boss: WM-Titel soll auf Heim-EM ausstrahlen
Der erstmalige WM-Erfolg einer deutschen U17-Auswahl soll aber weit über 2024 hinaus nachwirken. «Das sind alles tolle Typen. Wir sind auf einem guten Weg mit der Truppe», sagte Neuendorf. Doch der Weg bis ins Profilager ist weit und beschwerlich. «Ich habe den Spielern gesagt, der nächste Schritt muss von ihnen kommen und in den Clubs stattfinden», berichtete Wück.
Der ehemalige Bundesligaprofi nahm zugleich die Vereine in die Pflicht. «Die Clubs müssen Mittel und Wege finden, ihnen Spielzeit auf höchstem Niveau zu geben. Das ist unser Nadelöhr in Deutschland. Wir haben genügend Talente, aber wir bekommen es momentan nicht hin, den Jungs ausreichend Spielzeit zu geben. Nicht in der 1. Liga, nicht in der 2. Liga und auch nicht in der 3. Liga», sagte Wück.
In erster Linie gehe es dabei um Vertrauen, das bei der U17 das große Plus gewesen sei. «Ich glaube, dieses Vertrauen haben die Profivereine nicht. Die Frage ist, warum nicht», monierte der 50-Jährige und mahnte: «Ohne gute Ausbildung, ohne gute Talente werden die A-Nationalmannschaft und die U21 nicht gefüttert mit jungen Spielern.»
Als Vorbild könne der spanische Topclub FC Barcelona dienen, bei dem Talente schon in jungen Jahren zum Einsatz kämen. «Andere Nationen – Spanien ist ein gutes Beispiel – machen es uns vor, indem sie junge Spieler in den ersten drei Ligen einsetzen. Das würde ich mir in Deutschland auch vermehrt wünschen», sagte Wück.
Einer, der auf dem Sprung steht, ist Finn Jeltsch. Der Abwehrspieler vom Zweitligisten 1. FC Nürnberg stand vor dem WM-Trip nach Indonesien zumindest schon mal im Kader der Franken und träumt von seinem baldigen Profidebüt. «Ich will genauso weitermachen. Hoffentlich traut es mir der Trainer zu», sagte Jeltsch.
Goldene Generation mit guten Karrierechancen
Generell rät DFB-Sportdirektor Rudi Völler den U17-Weltmeistern um Torjäger Paris Brunner bei der weiteren Entwicklung zu Augenmaß und Bodenhaftung. Er hoffe, «dass sie jetzt so beraten sind, dass sie in den Clubs auch zum Einsatz kommen, das ist die Basis von allem. Dass sie nicht zu Vereinen gehen, wo sie nicht zum Einsatz kommen», sagte Völler im Sport1-Doppelpass.
Wück ist da guter Dinge. «Jeder hat das Ziel, es in den Profibereich zu schaffen», versicherte er. Auch DFB-Boss Neuendorf ist überzeugt davon, dass die goldene Generation gute Karrierechancen besitzt. «Es ist enorm, wenn man sieht, in wie vielen Zusammenhängen sie unterwegs sind und dann trotzdem diese Fokussierung hinbekommen. Das ist schon sehr besonders», lobte er und ergänzte: «Die Mentalität der Mannschaft ist vorbildlich.»
Nun kommt auch noch das nötige Selbstvertrauen dazu. Auf die Frage nach einem Vorbild aus der Bundesliga sagte Rechtsverteidiger Da Silva Moreira: «Ich versuche, eine neue Ära zu starten und selbst ein Vorbild zu werden.»