EM-Nominierung und Werbeoffensive: DHB-Team im Stress

Der Bundestrainer muss die letzten Teile seines Personal-Puzzles zusammenfügen, der Verband will noch einmal die Werbetrommel rühren. An eine ruhige Vorweihnachtszeit ist beim Deutschen Handballbund drei Wochen vor dem Beginn der Heim-Europameisterschaft nicht zu denken.

An diesem Donnerstag wird Alfred Gislason seinen Kader nominieren, der bei der Endrunde vom 10. bis 28. Januar möglichst um Edelmetall mitspielen soll. «Das Halbfinale wäre ein Traum», sagte der 64 Jahre alte Isländer unlängst dem NDR. «Aber eine EM verzeiht nichts. Da sind nur gute Mannschaften am Start.»

Um die richtige personelle EM-Mischung für die Medaillen-Mission zu finden, ist Gislason in den vergangenen Wochen und Monaten durch die Bundesliga-Hallen getingelt und hat unzählige Stunden Videomaterial gesichtet. «Wir werden eine sehr ambitionierte Nationalmannschaft erleben», versprach DHB-Sportvorstand Axel Kromer.

Diverse Krankheitsfälle

Nach den Absagen der Berliner Rückraum-Achse Paul Drux und Fabian Wiede sowie von Kiels Kreisläufer Hendrik Pekeler blieb Gislason zuletzt von weiteren schlechten Botschaften verschont. Im Gegenteil: Die Rückkehr von Weltklasse-Torwart Andreas Wolff nach einem Bandscheibenvorfall hat dem Bundestrainer eine große Sorge genommen. «Natürlich ist noch nicht alles super. Das ist ja logisch, wenn man zwei Monate lang verletzt war. Aber ich bin sehr zufrieden, wie es bisher läuft», berichtete Wolff in einem Interview der Zeitschrift «Sports Illustrated».

Der 32-Jährige gehört zu den wenigen Routiniers im verjüngten deutschen Team und gilt als Bank zwischen den Pfosten. «Um Andi Wolff muss sich niemand Sorgen machen. Er ist auf dieses Turnier fokussiert. Er hat es immer geschafft, auf den Punkt topfit zu sein. Und Andi wird auch diesmal topfit sein», sagte Sportvorstand Kromer jüngst in einem Interview des «Mannheimer Morgen».

Gespannt sein dürfen die Fans und Experten darauf, ob Gislason beim Heim-Turnier voll auf die Jugend setzt. Immerhin fünf U21-Weltmeister stehen im erweiterten 35er-Kader – Torwart David Späth, Kreisläufer Justus Fischer sowie die Rückraumspieler Nils Lichtlein, Max Beneke und Renars Uscins.

Egal, wer es am Ende zur EM schafft: Schon jetzt darf sich die DHB-Auswahl auf eine lautstarke Unterstützung der Fans freuen. Das Eröffnungsspiel gegen die Schweiz am 10. Januar in der Arena des Fußball-Zweitligisten Fortuna Düsseldorf steigt vor der Weltrekord-Kulisse von mehr als 50.000 Zuschauern. Die Hallen in den weiteren deutschen Spielorten Berlin und Köln werden ebenfalls voll sein.

Doch die Verbandsspitze schaut auch über den eigenen Tellerrand hinaus. «Wir wollen gute Gastgeber sein. Das bedeutet, dass wir volle Hallen mit einem sachkundigen Publikum haben, auch wenn Deutschland nicht spielt», bekräftigte DHB-Präsident Andreas Michelmann den Anspruch für die weiteren Spielorte Hamburg, Mannheim und München.

Finanzierung fast gesichert

Insgesamt sind schon jetzt gut 70 Prozent aller Tickets verkauft worden. Der DHB darf daher mit schwarzen Zahlen für das Turnier mit einem Etat von 28 Millionen Euro rechnen. Dafür müssen rund 75 Prozent der Eintrittskarten abgesetzt werden. «Das Ticketing ist die einzige Möglichkeit, um die Veranstaltung refinanzieren zu können», verwies DHB-Vorstandschef Mark Schober in einem Gespräch der Deutschen Presse-Agentur auf die Bedeutung. «Wenn wir volle Arenen haben, verdienen wir Geld mit der EM.»

Daher intensiviert der Verband vor den Feiertagen die Werbung für das Event. «Wir starten jetzt erst mit der klassischen Kommunikation, also Anzeigenmotive, Out-of-Home-Kampagnen, Plakate, Werbespots. Das Weihnachtsgeschäft ist für uns eine große Chance, deshalb geben wir da jetzt richtig Gas», sagte Schober.

Der 50-Jährige ist optimistisch, dass die erste Europameisterschaft in Deutschland ein ähnlich großer Erfolg wird wie die WM 2007. «Das Turnier war eine fantastische Geschichte namens Wintermärchen. Und im Vergleich sind wir jetzt um Dimensionen weiter. Wir haben viel mehr Aufmerksamkeit als damals zum vergleichbaren Zeitpunkt», sagte Schober und blickte zuversichtlich voraus: «Wenn das Turnier losgeht und unsere Nationalmannschaft performt, steigt die Reichweite nochmals deutlich.»

Von Eric Dobias, dpa