An der Säbener Straße steht eine Trauerkerze neben einem kleinen Strauß rot-weißer Rosen. Noch am Abend der Todesmeldung von Franz Beckenbauer hat jemand das Arrangement vor die Geschäftsstelle des FC Bayern München gelegt. Unweit davon, am Geburtshaus des größten deutschen Fußballers im Stadtteil Giesing, liegt am Dienstagmorgen ein Zettel auf dem Gehweg. «Danke Franz!», heißt es dort.
Dass die Legende Beckenbauer im Alter von 78 Jahren gestorben ist, können viele an diesem bitterkalten Januarmorgen in München nicht fassen. Weltweit verneigen sich Weggefährten, Prominente und Fans vor einem der bedeutendsten Fußballer der Historie.
Große Trauerfeier in der Allianz Arena?
«Die ganze Welt des Fußballs und darüber hinaus trauert um unseren Freund Franz», sagte Karl-Heinz Rummenigge und schlug für seinen früheren Trainer und langjährigen Vertrauten beim deutschen Rekordmeister einen unvergleichlichen Abschied vor. «Der FC Bayern sollte ihm zum Dank und Andenken eine Trauerfeier im Stadion ausrichten, das es ohne ihn nie gegeben hätte!», sagte der frühere Vorstandschef der Bayern der «Bild»-Zeitung.
Ob und wie eine derartige Feier in der Allianz Arena – in der mehr als 75.000 Trauergäste passen würden – zu organisieren ist, das sollte am Dienstag grundsätzlich geprüft werden. Für die Bayern steht an diesem Freitag in der Arena das Bundesliga-Heimspiel gegen Hoffenheim an. Unbekannt waren zunächst auch die Planungen der Familie Beckenbauer für Trauerfeiern und Beisetzung des als «Lichtgestalt» verehrten Ex-Fußballers. Beckenbauer war am Sonntag gestorben, wie die Angehörigen am Montag bekannt gaben.
Vogts: «DFB-Pokal nach Beckenbauer benennen»
Eine besondere Ehrerbietung schlug Berti Vogts vor, der an Beckenbauers Seite unter anderem Welt- und Europameister geworden war. «Es ist wichtig, dass sein Name nicht in Vergessenheit gerät bei den folgenden Fußballer-Generationen. Vielleicht sollte man beim DFB darüber nachdenken, zum Beispiel den DFB-Pokal nach Franz Beckenbauer zu benennen», sagte der 77-Jährige der «Rheinischen Post».
Der frühere Profi und Bundestrainer erntete dafür sogleich Zustimmung: Olaf Thon, der unter Coach Beckenbauer 1990 den WM-Pokal in die Höhe stemmen durfte, nannte Vogts‘ Vorschlag im Bayerischen Rundfunk «schon mal eine nicht so schlechte Idee». Der einstige Bremer Manager Wlli Lemke meinte bei «Welt TV» über die DFB-Pokal-Idee: «Fußballdeutschland würde das sehr gut finden.» Der Vorschlag sei «auf jeden Fall angemessen».
Der Deutsche Fußball-Bund wollte sich zu der Idee zunächst nicht äußern. Grundsätzlich wolle sich der DFB zeitnah Gedanken machen, wie man das Leben und Wirken von Franz Beckenbauer würdigen könne. Wie ein DFB-Sprecher in Frankfurt/Main sagte, sei momentan aber die Zeit des Trauerns und des Abschiednehmens. Man werde mit Beckenbauers Familie und dem FC Bayern München Gespräche über das weitere Vorgehen führen.
Große Anteilnahme und Trauer
Im Münchner Stadtrat wurde am Dienstag ein Antrag an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) eingereicht, eine Straße nach Beckenbauer zu benennen. Im Rathaus lag ein Kondolenzbuch aus, ein weiteres Buch der Staatskanzlei wird von Mittwoch an in der Residenz ausliegen. Vor dem Testspiel von Borussia Dortmund im spanischen Marbella gegen Standard Lüttich wurde eine Gedenkminute abgehalten. Auf der Allianz Arena soll in den nächsten Tagen der Schriftzug «Danke Franz» erstrahlen.
Franz Beckenbauer hatte während seiner Karrieren als Spieler und Trainer unzählige Fußball-Fans begeistert und bewegt. «Danke, dass ich aufwachsen durfte in einem fußballverrückten Land, in dem die Menschen Strahlen in den Augen hatten, wenn sie von der Nationalelf erzählten…», schrieb jemand auf die Rückseite einer Postkarte, die vor dem Geburtshaus in der Zugspitzstraße neben gelben Rosen lag.
Als Organisationschef der Heim-WM 2006 war er für viele mitverantwortlich für ein historisches «Sommermärchen» – auch wenn Enthüllungen darüber später einen kleinen Schatten auf das Turnier und die Rolle Beckenbauers warfen.
Nach der Nachricht über den Tod des «Kaisers» blickten Mitspieler, Freunde und Begleiter voll Dankbarkeit und Ehrfurcht zurück. «Ich werde Dich niemals vergessen – als Teamkollege, Sportsmann und vor allem als Mensch. Du warst ein Popstar des deutschen Fußballs. An Deiner Eleganz auf dem Platz kann sich jeder Fußballer eine Scheibe abschneiden. Du bist nie abgehoben, sondern bist immer ein Mann des Volkes geblieben», schrieb etwa Torhüter-Ikone Sepp Maier (79) in einem Abschiedsbrief bei Sport1. «Du warst für uns immer eine Lichtgestalt, die leuchtet ab jetzt von oben.»
«Magisches Dreieck mit Pelé und Maradona im Himmel»
Für Andreas Brehme (63) war Beckenbauer «einer der großzügigsten und herzlichsten Menschen, die ich kenne». Der Siegtorschützen des WM-Finales von 1990 sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Ich denke, im Himmel wird er mit Pelé und Maradona ein magisches Dreieck gründen.» Jürgen Klinsmann schrieb bei X (einst Twitter), er sei Beckenbauer «für immer unendlich dankbar» für alles, was er für den Fußball getan habe. «Als Spieler, als Teamchef, als Präsident, als großes Vorbild mit Deinem einzigartigen Charme, Deiner Leichtigkeit und Lebensfreude. WE MISS YOU!»
Die Anteilnahme ging weit über Deutschland hinaus. Superstar Lionel Messi veröffentlichte auf der Plattform Instagram ein Schwarz-Weiß-Foto von Beckenbauer. David Beckham nannte Beckenbauer auf derselben Plattform «einen besonderen Menschen, einen besonderen Spieler und einen wahren Gentleman».
Die englische Zeitung «The Guardian» adelte Beckenbauer als «vollkommenen Fußballer», die spanische «Marca» schrieb: «Es hat nie einen anderen wie ihn gegeben, weder vorher noch nachher. Die Figur des ewigen Kaisers ist unvergleichlich.»