Leverkusen zieht den Bayern davon: Klarer Sieg im Topspiel

Harry Kane, Joshua Kimmich und Co. konnten mit starrem Blick nur zusehen, wie sich die glückseligen Profis von Bayer Leverkusen feiern ließen. Durch das hochverdiente 3:0 (1:0) im Topspiel der Fußball-Bundesliga baute die Werkself ihren Vorsprung auf den harmlosen FC Bayern auf fünf Punkte aus. Bayer-Trainer Xabi Alonso stand nach dem 27. Sieg im 31. Pflichtspiel lächelnd mit seinen Spielern vor den jubelnden Fans.

«Wir haben eine gute Truppe und wir wussten, dass wir gut sind», sagte der Leverkusener Sportchef Simon Rolfes bei Sky. «Wir arbeiten alle hart für den Erfolg. Wir haben nicht nur auf dem Platz eine Einheit, sondern im gesamten Verein.» Rekordnationalspieler Lothar Matthäus sprach von «einem Klassenunterschied» zwischen beiden Teams.

Die Bayern um Starspieler Kane, die in den vergangenen elf Jahren immer Meister wurden, verloren erstmals nach 21 Partien wieder ein Spitzenspiel zwischen einem Tabellenersten und dem Zweiten. Trainer Thomas Tuchel verschwand nach dem Abpfiff sichtlich bedient in der Kabine. «Wir werden jetzt den Teufel tun, die Flinte ins Korn zu werfen. Für uns verändert sich der Abstand, aber die Herangehensweise nicht. Wir müssen weitermachen, besser werden», sagte Tuchel später bei Sky.

Ausgerechnet die in München geborene Bayern-Leihgabe Josip Stanisic brachte Leverkusen mit seinem ersten Saisontor in der 18. Minute in Führung. Der andere Außenverteidiger, Alejandro Grimaldo, über den Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeneß unter der Woche gesagt hatte, ihn habe bis zum Bayer-Transfer «kein Mensch» gekannt, erhöhte in der 50. Minute. Jeremie Frimpong (90.+5) setzte den Schlusspunkt.

Erneuter Protest gegen Investor

Die Spannung vor dem Spiel war zu greifen. «Hosen runter und Karten auf den Tisch», hatte Tuchel gesagt. Bayer hätte 180.000 Tickets verkaufen können. Doch dann begann die Partie mit acht Minuten Verspätung, weil die Fans aus Protest gegen die Investorenpläne der Deutschen Fußball Liga Bälle aller Art aufs Feld warfen – und die Fußballwelt sah zu.

Bei den Bayern hatte es am Vorabend Entwarnung in Bezug auf Manuel Neuer gegeben. Der Nationaltorhüter konnte trotz seiner Knieprobleme spielen. Joshua Kimmich wurde nach seiner Schulterverletzung zumindest eingewechselt, Dayot Upamecano kam seinem auskurierten Muskelfaserriss von Beginn an zum Einsatz. Erstmals in der Startelf stand Winter-Zugang Sacha Boey. Bei Bayer nahm Alonso im Vergleich zum 3:2 im Pokal gegen den VfB Stuttgart vier Wechsel vor. Dass Frimpong, Jonas Hofmann und Patrick Schick auf die Bank mussten, war überraschend.

In Duell der beiden Teams, die nicht nur die meisten Punkte in der Liga haben, sondern auch die meisten Treffer, die wenigstens Gegentore und den meisten Ballbesitz übernahmen die Bayern zunächst das Kommando. Dennoch hatte Bayer die erste Chance, als Amine Adli nach einem Querschläger von Upamecano zu überhastet abschloss (11.).

Stanisic steht völlig frei

Nach einer Viertelstunde fand Bayer besser ins Spiel und ging prompt in Führung. Zunächst hatte Neuer nach einer Rettungsaktion von Minjae Kim gegen Adli stark pariert, doch nach dem folgenden Einwurf und der Hereingabe von Robert Andrich stand Stanisic am langen Pfosten frei und erzielte die Führung. Glückwünsche der Kollegen wehrte er – wohl aus Respekt vor seinem Stammverein – ab, zumindest schickte er aber einen Dank und einen Handkuss in den Himmel.

Die Bayern waren nun kurzzeitig von der Rolle. Neuer verhinderte gegen Nathan Tella nach einer Direktabnahme (23.) und gegen Jonathan Tah nach einem Kopfball (24.) mit guten Paraden das schnelle 2:0. Die größte Chance dazu vergab Adli, als er alleine aufs Tor zulief, sich aber den Ball von Upamecano vom Fuß spitzen ließ (42.). Die Bayern hatten vor der Pause nur eine brauchbare Chance durch Leroy Sané (43.).

Nach dem Wechsel kam Thomas Müller als Ersatzspieler im gelben Leibchen mit auf den Platz und redete bis Sekunden vor dem Anpfiff auf den bis dahin völlig abgemeldeten Torjäger Harry Kane ein. Doch statt des Ausgleichs fiel schnell das zweite Leverkusener Tor, als Grimaldo nach schönem Doppelpass mit Tella mit einem Schuss unter die Latte abschloss.

Wenige Minuten brachte später Tuchel dann Müller und Kimmich. Die Münchner erarbeiteten sich immer mehr Spielanteile, konnten sich aber kaum noch nennenswerte Chancen herausarbeiten. Auf der Gegenseite traf Frimpong noch den Pfosten (88.), ehe er kurz vor Schluss einen Konter ins leere Bayern-Tor abschloss. Neuer war zuvor für eine Ecke mit in den Bayer-Strafraum gekommen.

Von Holger Schmidt und Kaspar Kamp, dpa