Rauswurf mit Schmähkritik: Klinsmann muss in Südkorea gehen

Dem Rauswurf von Jürgen Klinsmann als Nationaltrainer ließ Südkoreas Verbandschef ein fast schon vernichtendes Urteil folgen. «Wenn es darum geht, das Beste aus dem Nationalteam herauszuholen, die Spieler zu führen und hinsichtlich seiner Arbeitshaltung hat Klinsmann nicht unsere Erwartungen in ihn als Chefcoach der Nationalmannschaft erfüllt», kritisierte Chung Mong Gyu den früheren Bundestrainer bei der Verkündung des Trennungsbeschlusses auf offener Bühne. 

Mit der Freistellung von Klinsmann zog der südkoreanische Verband KFA die Konsequenzen aus dem überraschenden Scheitern des Teams im Halbfinale des Asien-Cups. Der 59 Jahre alte Klinsmann hatte erst vor einem Jahr den Posten als Chefcoach des WM-Vierten von 2002 übernommen. Sein Vertrag lief noch bis zum Finale der Weltmeisterschaft 2026.

Die Suche nach einem Nachfolger für Klinsmann werde sofort beginnen, kündigte der selbst nicht unumstrittene KFA-Präsident Chung an. Über die Vertragsauflösung müsse noch mit Anwälten gesprochen werden. Nach Berichten südkoreanischer Medien könnten auf den Verband noch Abfindungszahlungen in Millionenhöhe an Klinsmann zukommen. Im März stehen die nächsten WM-Qualifikationsspiele für Südkorea an.

Immer wieder Kritik der Fans

Mit der vorzeitigen Trennung endet für Klinsmann ein turbulentes Jahr. Den ehemaligen Weltklasse-Fußballer hatten große Erwartungen, aber auch immer wieder Kritik der Fans begleitet. Weil eine Verbesserung nicht mehr in Sicht gewiesen sei, habe der Verband entschieden, Klinsmann zu ersetzen, sagte Chung nun.

Der Ex-Bundestrainer bedankte sich auf Instagram bei seinen Spielern, seinem Trainerteam und den Fans in Südkorea. «Danke für all eure Unterstützung, die uns bis ins Halbfinale des Asien-Cups gebracht hat und für die unglaubliche Reise in den vergangenen zwölf Monaten, in der wir 13 Spiele in Serie bis zum Halbfinale nicht verloren haben», schrieb er.

Klinsmann sah sich nach dem Aus im Halbfinale der Kontinentalmeisterschaft in der vergangenen Woche zum Teil heftiger Kritik ausgesetzt. Die Südkoreaner hatten in der Endrunde in Katar nach schwacher Leistung gegen Außenseiter Jordanien mit 0:2 verloren und dabei kein einziges Mal aufs gegnerische Tor geschossen.

Viele Fans riefen Klinsmann zum Rücktritt auf. Einige von ihnen entrollten vor der KFA-Zentrale in Seoul ein großes Banner, auf dem sie seine Entlassung forderten. Auch Chung zog sich wegen des umstrittenen Engagements von Klinsmann und den wechselhaften Leistungen der Nationalmannschaft den Unmut der Fans zu.

Schon früh unter Druck

Klinsmann geriet in Südkorea schon vor dem Asien-Cup unter Druck. Der Weltmeister von 1990 gewann keins seiner ersten fünf Spiele mit Südkorea. Auch dass er mehr Zeit im Ausland als in Südkorea verbrachte, wurde – ähnlich wie in seiner Zeit als Bundestrainer – nicht gern gesehen. 

Zudem wurden Querelen innerhalb des Teams bekannt. Südkoreanische Medien hatten unter Berufung auf den Verband berichtet, dass es am Abend vor dem Asien-Cup-Halbfinale zu einem handfesten Streit unter den Spielern gekommen sei, bei dem sich Mannschaftskapitän Heung-Min Son einen Finger ausgerenkt habe. Klinsmann hatte unter anderem auch die Misstöne für die schwache Leistung des Teams verantwortlich gemacht.

Allerdings schaffte Klinsmann mit der Mannschaft einen makellosen Einstand in die Qualifikation für die Fußball-WM 2026. Im November folgte nur wenige Tage nach dem 5:0 gegen Singapur ein 3:0 gegen China. Klinsmann hatte den Job in Asien knapp drei Jahre nach dem krachend gescheiterten Trainer-Engagement beim damaligen Bundesligisten Hertha BSC übernommen. Als sein kurzfristiges Ziel hatte er den Gewinn der Asien-Meisterschaft ausgegeben.

Für Klinsmann war es der dritte Job als Nationaltrainer. Von 2004 bis 2006 hatte der Weltmeister von 1990 Deutschland betreut und das DFB-Team zum dritten Platz bei der Heim-WM geführt. Von Juli 2011 bis November 2016 war der Ex-Profi Nationalcoach der USA. Der gebürtige Schwabe mit der Wahlheimat in den USA ist nach Uli Stielike (2014-2017) der zweite ehemalige deutsche Nationalspieler, von dem sich der Verband vorzeitig trennt.

Dirk Godder, dpa