Wird «heiß hergehen»: Bayer rechnet mit provokanten Römern

Mit Zeitspiel und Schauspielerei ist diesmal wohl kaum zu rechnen. Das teilweise unsportliche Auftreten der AS Rom im letztjährigen Halbfinal-Rückspiel der Europa League hatte bei Bayer Leverkusen viele erbost und vor dem Hinspiel der Neuauflage für einige Emotionen ausgelöst.

Dafür, dass die Römer – völlig unabhängig von einer vielleicht veränderten Philosophie nach dem Abgang des streitbaren Trainers José Mourinho – am Donnerstag in Leverkusen (21.00 Uhr/RTL) nicht wieder so aufreizend auftreten können, hat der deutsche Meister selbst gesorgt. Denn nach dem Leverkusener 2:0-Sieg in der Ewigen Stadt müssen die Italiener nun selbst aktiv werden. Doch in Leverkusen stellt man sich dafür vermehrt auf Nickeligkeiten und Provokationen ein.

Hitzige Römer, coole Leverkusener

«Sicher werden sie nicht von Anfang an so auf Zeit spielen wie im Vorjahr», sagte Sportchef Simon Rolfes. Und ergänzte mit einem Lachen: «Ob es viel ruhiger wird, weiß ich aber nicht.» Denn schon im Hinspiel war zu spüren, dass mit der Erfahrung des Vorjahres bei Bayer noch eine Rechnung offen ist. Und dass die Roma mit ihren Mitteln dagegenhielt. «Wir haben die Provokation gut in Energie umgemünzt und sind nicht dumm geworden», sagte Nationalspieler Robert Andrich, Schütze des zweiten Tores: «Aber ich denke, im Rückspiel wird es auch noch mal heiß hergehen.»

Man habe «grundsätzlich schon gemerkt, dass die Roma versucht hat, sich ein paar Fouls sozusagen zu erschleichen», sagte Rolfes, und dem sonst so gemäßigten Geschäftsführer ist durchaus noch Ärger und Skepsis anzumerken. Der Schiedsrichter habe im Gegensatz zum Vorjahr aber «besser reagiert», sagte er deshalb nicht ohne Unterton, «weil er nicht auf die Sachen eingegangen ist, die Provokationen beruhigt hat und nicht jedes Hinfallen als Foul gewertet hat. So ist das Spiel am Ende auch vernünftig und mit Sportgeist über die Bühne gegangen.»

Alonsos Warnung

Mit welchen erlaubten bis grenzwertigen Mitteln das leidenschaftliche Roma-Team arbeitet, ließ Trainer Daniele De Rossi, selbst einst ein sehr körperlicher Spieler, nach dem Hinspiel ungeniert durchblicken. «Die erste Halbzeit hat mir gefallen», hatte die im Januar zum Chefcoach beförderte Vereinsikone gesagt: «Da waren wir aggressiv und haben sie zum Treten gezwungen.» Und vor dem Rückspiel kündigte er an: «Wir müssen mehr attackieren und eine ähnliche Leistung wie in der ersten Halbzeit zeigen.»

Da muss Bayer wie im Hinspiel dagegenhalten, denn ein frühes Gegentor könnte die gute Ausgangsposition schnell ins Wanken bringen. Auch deshalb warnte Trainer Xabi Alonso – als Spieler eleganter, aber ähnlich zweikampfresistent wie De Rossi – sein Team eindringlich davor, den Finaleinzug als Formsache anzusehen. «Sie haben nichts zu verlieren, wir haben alles zu verlieren», sagte er: «Manchmal ist das eine schwere Situation. Ich habe schon viele Comebacks gesehen. Aber wir sind bereit.»

Bayer bereit für Historisches

Denn es geht für beide um viel und für Bayer sogar um Historisches. Nach dem vorzeitigen Gewinn der ersten deutschen Meisterschaft soll nach dem Endspiel des DFB-Pokals am 25. Mai gegen Zweitligist 1. FC Kaiserslautern auch das drei Tage vorher stattfindende Europa-League-Finale gegen Olympique Marseille oder Atalanta Bergamo (Hinspiel 1:1) in Dublin erreicht werden. Und am Ende das Triple stehen.

«Wir haben in jedem Wettbewerb noch große Ziele zu erreichen», sagte Alonso, die Bundesliga wegen der möglichen Unschlagbarkeit bis zum Saisonende bewusst einbeziehend: «Das ist ein großes Spiel für uns. Wir haben die Chance, in ein Europa-League-Finale einzuziehen. Und wir sind sehr nahe dran.»

Von Holger Schmidt, dpa