Vor dem EM-Auftakt der Schweiz gegen Ungarn schickte Trainer Murat Yakin seine Mannschaft erst einmal auf eine Schnitzeljagd. Mit dem Ergebnis der teambildenden Maßnahme dürfte der frühere Bundesligaprofi zufrieden gewesen sein.
«Ziel war es, gemeinsam ein fehlendes Puzzleteil zu finden. Das Puzzle war am Schluss komplett. Ich hoffe, dass dies ein gutes Omen ist», berichtete Routinier Xherdan Shaqiri.
Die Botschaft hinter der ungewöhnlichen Einstimmung auf die Endrunde ist klar. Wollen die Eidgenossen an ihren erfolgreichen Auftritt bei der vergangenen EURO anknüpfen, müssen sie als Einheit agieren. Vor drei Jahren ging es für die Schweizer immerhin bis ins Viertelfinale, wo sie erst im Elfmeterschießen an Spanien scheiterten. Es war der bisher größte internationale Erfolg.
Entsprechend groß sind die Hoffnungen in der Heimat, wenn es am Samstag (15.00 Uhr/MagentaTV) in Köln zum Duell mit den Ungarn kommt. Ein Sieg würde die Chancen auf ein Weiterkommen in der Gruppe A, in der Gastgeber Deutschland und Schottland die weiteren Rivalen sind, erhöhen.
Shaqiris Warnung
Das gilt natürlich auch für die Magyaren, deren beeindruckende Erfolgsserie von 14 ungeschlagenen Spielen erst vor zehn Tagen beim unglücklichen 1:2 gegen Irland endete. Der 32 Jahre alte Shaqiri, für den es bereits das siebte Großturnier ist, warnte daher vor dem Auftaktgegner. «Viele unterschätzen diese ungarische Mannschaft. Ich erwarte ein schwieriges Spiel, einen intensiven Kampf», sagte der seit gut zwei Jahren in der amerikanischen Major League Soccer bei Chicago Fire beschäftigte Profi.
Auch wenn Shaqiri seinen langjährigen Stammplatz im Nationalteam eingebüßt hat, ist er mit seiner Erfahrung und seinen individuellen Fähigkeiten immer noch ein wichtiger Baustein im Personal-Puzzle von Yakin. «Wir wissen, was wir an Shaq haben. Er ist ein Entscheidungsspieler und sehr wichtig für das Nationalteam. Niemand hat einen so genialen Fuß wie er», sagte der Trainer über den Mittelfeldspieler. Der dürfte am Samstag in der Startelf stehen, da Steven Zuber angeschlagen ist.
Auch Silvan Widmer vom Bundesligisten FSV Mainz 05, der auf der rechten Seite hinter Shaqiri spielt, ist voll des Lobes über seinen Teamkollegen. «Er hat unglaubliche Qualitäten. Es ist toll, mit Shaq zu spielen», sagte Widmer. Obwohl die Defensivarbeit nicht gerade zu den Stärken von Shaqiri gehört, habe er sich «nie alleingelassen gefühlt», versicherte Widmer.
Für Trainer Yakin steht die berufliche Zukunft auf dem Spiel
Mit 123 Länderspielen verfügt Shaqiri, der früher unter anderem für Bayern München und den FC Liverpool spielte, nach Granit Xhaka (125) über die meiste Erfahrung bei den Schweizern. Xhaka ist der Taktgeber und unumstrittene Anführer im Team, Shaqiri der Mann für die besonderen Momente. 31 Tore erzielte er bisher im Nationaltrikot. Bei der EM möchte er diese Statistik ausbauen.
Das wäre ganz im Sinne seines Trainers, für den es bei der EM neben dem sportlichen Erfolg auch um seine berufliche Zukunft geht. Denn der Vertrag von Yakin läuft im Sommer aus. In der Heimat steht der 49-Jährige nach der holprigen Qualifikation – die Schweizer holten die wenigsten Punkte aller Mannschaften, die das Ticket direkt lösten – in der Kritik.
Umso überraschender wirkt es, dass Yakin ein Angebot zur Vertragsverlängerung im Frühjahr ausgeschlagen hat. «Ich wollte erst die EM bestreiten», begründete er jüngst in einem Interview der Schweizer Agentur Keystone-SDA seine ungewöhnliche Entscheidung. Er habe mit dem Verband darüber gesprochen, «dass es im Sport keine Garantie gibt, man sich immer wieder aufs Neue beweisen muss», berichtete der ehemalige Bundesligaprofi des VfB Stuttgart und des 1. FC Kaiserslautern. «Das gilt für die Spieler, aber auch für mich.»