Lukas Dauser verließ die Großsporthalle in Rüsselsheim durch einen Seitenausgang. Sein rechter Oberarm war straff bandagiert und zeugte vom Unglück des Turn-Stars. Bei der abschließenden Qualifikation für die Olympischen Spiele in Paris verletzte sich der 31-Jährige bei seiner Ringe-Übung. Nach nur zwei von sechs Geräte musste er den Wettkampf abbrechen und hinterließ nicht nur bei Bundestrainer Valeri Belenki die bange Frage: Muss Deutschlands Sportler des Jahres seine Olympia-Hoffnungen begraben?
«Ihn trifft es schlimmer als mich. Aber ich muss schon sagen, da hat es mich ordentlich gerüttelt», sagte Andreas Toba zu dem Moment, als Dauser mitten in der Übung die Ringe losließ und ausstieg. Während der 33-Jährige, selbst durch zahlreiche Verletzungen Leid geprüft, mit seinem langjährigen Auswahlkollegen mitlitt, war Barren-Weltmeister Dauser auf dem Weg nach Mainz ins Krankenhaus für eingehende Untersuchungen. Eine Magnetresonanztomographie (MRT) sollte Aufschluss über die Schwere der Blessur bringen. Bis zum späten Samstagabend lag noch keine Diagnose vor.
Bundestrainer hat eine Vermutung
Weil er es selbst 2001 erlebt hat, hatte Bundestrainer Belenki einen Verdacht, welche Verletzung sich sein Vorzeige-Turner zugezogen haben könnte. «Es war an der langen Bizepssehne, vermute ich», sagte der 54-Jährige. Er hatte sich die genannte Sehne damals gerissen, wollte tags darauf wieder an den Start gehen, was aber nicht ging.
Dauser war nach Belinkis Aussage niedergeschmettert. «Ich habe mit ihm gesprochen und er versteht auch die Welt nicht, wie es dazu kommen konnte», berichtete der Trainer.
Der Olympiasieger von 1992 stand bei der Nominierungssitzung am Sonntag vor einem Problem. Was tun ohne seinen olympischen Goldkandidaten? «Ich habe natürlich auch einen Plan B, und dann müssen wir darüber diskutieren, wenn der Lukas nicht kann, wer ihn ersetzt», sagte Belenki.
Quali-Sieger Eder auch nicht unbeeindruckt
Zwei Wochen zuvor bei den deutschen Meisterschaften in Frankfurt/Main hatte Dauser den Mehrkampf-Titel und damit die erste Olympia-Qualifikation gewonnen. Anschließend hatte er bekanntgegeben, maximal noch drei Sechskämpfe in seinem Sportleben zu bestreiten: In Rüsselsheim sowie bei den Olympischen Spielen. Dazu wird es wahrscheinlich nicht mehr kommen. Der Unterhachinger wird selbst für den Fall, dass sich die Verletzung als weniger schwer erweist, keine Ringe-Übung turnen.
Das Verletzungs-Aus von Dauser überschattete den Erfolg von Timo Eder. Der 19-Jährige aus Ludwigsburg gewann die Qualifikation und kann sich berechtigte Olympia-Hoffnungen machen. Doch auch er blieb nicht unbeeindruckt davon, was dem Olympia-Zweiten passiert ist. «Ich war sehr erschrocken. Ich war selbst mit meinem Kopf ein bisschen woanders, weil er ein wichtiges Teil des Teams ist», sagte der Newcomer.