Der baldige Rad-Ruheständler Simon Geschke blickt lässig auf seine letzte Teilnahme an der Tour de France. «Ich gehe sehr entspannt in die Tour. Ich bin 38, niemand erwartet große Leistungssprünge von mir», sagte der Radprofi der Deutschen Presse-Agentur. Zum zwölften Mal geht der Freiburger bei der Großen Schleife an den Start. Die 111. Auflage der französischen Landesrundfahrt beginnt am Samstag in Florenz.
Noch einmal den Wind in den Pyrenäen spüren, das Alpenpanorama genießen und dann nach drei Wochen Schinderei gesund und glücklich den Zielstrich an der Côte d’Azur überqueren: Geschke will noch einmal alles um sich herum aufsaugen – und vor allem «verletzungsfrei bleiben».
Doch es soll keine sportliche Spaßveranstaltung werden. «Ich will eine ähnlich gute Leistung wie beim Giro zeigen», stellte er klar: «Es soll nicht nur eine Abschiedsrunde werden.» Geschke, der zum Jahresende aufhört, ist als Helfer für seine Teamkollegen eingeplant. Jedoch bekommt er daneben eigene Freiheiten für Ausreißergruppen.
Starke Platzierung beim Giro
Im Mai machte der Profi in Italien deutlich, was noch in ihm steckt. Nachdem er stellvertretend für den übermächtigen Dominator und späteren Giro-Sieger Tadej Pogacar kurze Zeit das Bergtrikot übergestreift hatte, feierte er in Rom Platz 14 der Gesamtwertung. Es war sein bestes Ergebnis bei den drei großen Rundfahrten Tour, Giro und der spanischen Vuelta. Die deutsche Radsportwelt reagierte mit viel Lob. Ex-Profi Fabian Wegmann beschrieb ihn im Podcast des «CyclingMagazine» als «super stark bis zum Schluss».
Dabei wollte sich Geschke erst nur auf den Giro konzentrieren. Jetzt fährt er beide kräftezehrenden Grand-Tour-Rennen. Aber er sei fit. «Ich habe nicht gebettelt darum, dass ich dieses Jahr fahren darf, aber ich habe es mir schon sehr gewünscht», sagte er. Er steht als viertältester Profi des Rennens an der Startlinie. Vor ihm ist etwa noch der 39 Jahre alte Sprint-Star Mark Cavendish, der mit einem weiteren Tageserfolg den alleinigen Etappensieg-Rekord der Rundfahrt an sich reißen würde.
Mit der Frankreich-Rundfahrt verbindet der gebürtige Berliner Geschke große sportliche Erfolge. «Der Etappensieg bei der Tour 2015 war mein größter Moment als Fahrer», schwärmt er noch heute. Es sollte zwar sein einziger beim größten Radsportereignis der Welt bleiben. Aber es gab einen weiteren großen Wurf: 2022 führte er überraschend lange die Bergwertung an und fuhr mit dem legendär gepunkteten Trikot auf der Schlussetappe in Paris. Dabei war er dann aber nur Stellvertreter für den späteren Sieger Jonas Vingegaard.
Schlechte Erinnerungen an vergangenes Jahr
Im vergangenen Jahr quälte sich der völlig entkräftete Radprofi bei der 17. Tour-Etappe hoch auf den Flugplatz von Courchevel. Er schaffte es nur kurz vor dem Zeitlimit. Danach plagten ihn Übelkeit und Schüttelfrost. Einen Tag später musste der angeschlagene Geschke dann aufgeben.
Nun will er anständig «Au Revoir» sagen. Mit dem Start in Florenz wird er zum 20. Mal an einer der drei großen Rundfahrten teilnehmen. Das schafften aus deutscher Sicht vorher nur Erik Zabel, Tony Martin, Jens Voigt und Christian Knees. Voigt kommt alleine auf 17 Teilnahmen bei der Tour.
Die Chancen der acht deutschen Rennfahrer (inklusive Geschke) auf einen Etappensieg schätzt er eher gering ein. «Bei mir über die Fluchtgruppen wäre es eine Überraschung», sagte Geschke. Möglicherweise bekommt er dennoch seine Chance auf eine Tour-Überraschung. Noch ein letztes Mal.