Ein «Fiasko» und «der größte Misserfolg der modernen Geschichte»: Für den elfmaligen Champion Schweden endet diese sonderbare Eishockey-Weltmeisterschaft historisch – historisch schlecht.
Eine der prominenten Eishockey-Nationen reist vor dem Viertelfinale ab. Erstmals seit 84 Jahren zählt die Tre Kronor nicht zu den Top Acht. Nur 1937 war das zuvor vorgekommen – und nun eben in Riga. Das sensationelle Vorrunden-Scheitern der Schweden steht sinnbildlich für die außergewöhnlichen Überraschungen des Turniers.
«Wir hatten das Ziel, bis zum Ende zu gehen und es zu gewinnen. Und ich denke, wir hatten ein Team, das es definitiv könnte», sagte NHL-Stürmer Victor Olofsson, als nach dem 2:3 nach Penaltyschießen gegen Russland am Aus nichts mehr zu rütteln war: «Aber wir sitzen nun hier und haben es nicht mal in die K.o.-Runde geschafft, also ist es ein großer Misserfolg für uns.»
Kritik aus der Heimat
In der Heimat schlägt der unerfahrenen Mannschaft und Trainer Johan Garpenlöv Kritik entgegen. Schließlich zählt Schweden normalerweise zu den Medaillenkandidaten. Elf WM-Titel schmücken die lange sowie glanzvolle Erfolgsliste. Allein dreimal im vergangenen Jahrzehnt hatten die Schweden Gold gefeiert, zuletzt 2017 in Köln und 2018 in Dänemark triumphiert. Dazu kommen 17 Silber- und 16 Bronzemedaillen.
Und diesmal? Kein K.o.-Spiel, nur drei Siege aus sieben Spielen. Schon vor dem letzten Vorrunden-Spieltag war jegliche theoretische Hoffnung dahin. Der Niedergang in Riga hatte gleich im ersten WM-Einsatz vor zehn Tagen seinen Anfang genommen, als die Auswahl mit dem 3:4 zum ersten Mal bei einer WM gegen Dänemark verlor. Blamabler war das anschließende 0:1 gegen Aufsteiger Belarus.
Top-Spieler fehlten bei WM
Es waren diese überraschenden Niederlagen zu Beginn, die gleich für mächtig Druck sorgten und letztendlich zum Aus führten. «Das ist der größte Misserfolg der modernen Geschichte. Das ist ein Fiasko», sagte Ex-Profi Jonas Andersson als SVT-Experte. Die Boulevardzeitung «Expressen» titelte: «Das ist kein Misserfolg, das ist ein Fiasko.»
Es hat in Lettland angesichts des Fehlens etlicher Top-Leute und der besonderen Umstände der Corona-Pandemie einige überraschende Resultate gegeben. Die Deutschen besiegten zum ersten Mal seit 25 Jahren die unerfahrene Auswahl des 26-maligen Weltmeisters Kanada. 2019-Champion Finnland unterlag Aufsteiger Kasachstan. Franz Reindl, der Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes, hatte sich schnell in seiner Prognose bestätigt gefühlt, dass diese WM eine «Überraschungstüte» sein könne. Auch das in dieser Höhe furiose 7:0 der Schweden gegen die Schweiz kam nach dem schwachen Auftakt unerwartet. Das Aus ist denkwürdig.
Corona-Restriktionen nicht als Ausrede
Die Hotel-Isolation und vielen Corona-Restriktionen wollten die schwedischen Cracks nicht als Ausrede nehmen. «Es ist definitiv anders», sagte Kapitän Henrik Tommernes: «Aber auf der anderen Seite hatten wir 20 Spieler, die ihre erste Weltmeisterschaft spielten, darum wussten wir nicht, was wir erwarten sollen.»
Schweden war nicht so stark besetzt wie bei den Triumphen zuvor, immerhin fünf NHL-Profis hatten sie aber dabei. Für Johan Garpenlöv war es die erste WM in der Verantwortung als Cheftrainer, er muss nun gleich moderieren, dass Schweden zum ersten Mal seit der Einführung der K.o.-Runde 1992 bei dieser nicht mitmischt. «Wir sind nicht glücklich mit dem Ergebnis. Aber es ist, wie es ist», meinte Garpenlöv. Der frühere NHL-Profi Bengt-Ake Gustafsson antwortete im «Expressen» auf die Frage, was nun besser werden müsse: «Alles.»