In der Weitsprung-Bestenliste der internationalen Leichtathletik liegt Malaika Mihambo derzeit nur auf Rang 20. Aber das ist nichts, was die stets in sich ruhende Weltmeisterin stresst.
Auch von der schwierigen Situation in Tokio lässt sich die zweimalige «Sportlerin des Jahres» nicht verrückt machen. «Ich werfe mich einfach mit vollem Herzen ins Training und hoffe, dass die Olympischen Spiele stattfinden und dass es sichere Spiele sein werden», sagte Mihambo im dpa-Gespräch vor den deutschen Meisterschaften am Wochenende in Braunschweig.
Warten auf den Sieben-Meter-Satz
Dort peilt die 27-Jährige den vierten Sieg in Serie an. Gespannt sind Fans und Experten, wann sie ihren ersten Sieben-Meter-Satz in den Sand bringt. Weltweit haben das bereits fünf Springerinnen in dieser Freiluft-Saison geschafft. Bei Mihambo stehen 6,68 Meter von ihrem bisher einzigen Wettkampf in Dessau. «Ich bin der festen Überzeugung, dass ich das jetzt schon könnte und in Tokio sicher auch schaffen kann, wenn ich gesund bleibe», sagte sie zu der magischen Marke. Bei ihrem Gold-Coup 2019 in Doha flog sie auf 7,30 hinaus.
«Die Konkurrenz ist auf jeden Fall stärker als in den Vorjahren, was nicht verwunderlich ist, da es in der olympischen Saison oft sehr viele gute Leistungen gibt», erklärte Mihambo. «Die Europäerinnen haben sich noch nicht so gezeigt. Ich denke, dass da auch noch einige sieben Meter springen werden. Von daher wird es dieses Jahr ein hart umkämpftes Feld und spannend werden.»
Umstellung im Anlauf
Die Olympia-Vierte von Rio gilt natürlich als Topfavoritin für Tokio, aber sie hat noch mit einer Umstellung zu kämpfen: 2020 sprang sie aus einem verkürzten Anlauf in die Grube – 16 statt 20 Schritte. «Eine reine Vorsichtsmaßnahme», wie ihr Trainer Uli Knapp damals erklärte; das Verletzungsrisiko sollte und konnte wegen der Olympia-Verschiebung minimiert werden. Der Ablauf im Weitsprung ist allerdings hochkomplex. «Das im Zusammenspiel zu koordinieren, das war nach einem Jahr nicht so leicht wie gedacht», räumte Mihambo ein. «Aber ich merke jetzt, dass ich wieder reinkomme und es schon wieder viel besser läuft als in der Hallensaison.»
Bei Bundestrainer Knapp in Saarbrücken hat die Spitzenathletin zuletzt viel trainiert. Ihre Vor-Corona-Pläne, in die USA zu ziehen und sich vom einstigen Weltcoach Carl Lewis betreuen zu lassen, sind weiter verschoben: «Stand jetzt ist es das Ziel, das im Herbst anzugehen. Aber auch da ist für mich wichtig: Ich muss erst mal dort sein, mir alles ansehen, testen und schauen, ob ich mich da wohl fühle und mir das Training dort bekommt.»
Innere Balance ist wichtig
Erstmal stehen die Sommerspiele über allem. Mihambos Weg nach Tokio führt über Braunschweig, die Diamond-League-Meetings in Florenz (10. Juni) und London (13. Juli) und eventuell Oslo (1. Juli). Bei den Sportfesten in Regensburg (20. Juni) und Leverkusen (27. Juni) sind noch Sprintstarts geplant.
Hetzen lässt sich Mihambo, die auch noch was für ihr Studium der Umweltwissenschaften tut, jedoch nicht. Die innere Balance will sie sich auch in Corona-Zeiten und als große Olympia-Hoffnung weiter bewahren. «Ich mache noch Yoga, meditiere, wende Atemtechniken an, bin in Kontakt mit meinem Mentalcoach», sagte sie. «Es geht darum, selbstreflektiert durchs Leben zu gehen und zu sehen, ob es Probleme gibt, die mir als Mensch oder Athletin im Weg stehen.»