Wer das zweite Spiel der Fußball-Europameisterschaft im Fernsehen sehen will, wird bei ARD und ZDF vergeblich suchen. Nur rund vier Millionen Menschen können am Samstag (15.00 Uhr) Wales gegen Schweiz schauen, weil sie bereits Telekom-Kunde sind und das Angebot MagentaTV bezahlen.
Alle anderen Fußballfans müssen noch fix ein Monatsabo für zehn Euro abschließen: Nur so können sie das Spiel sehen und haben dann während des Turniers die freie Auswahl bei allen 51 EM-Spielen. Das Erste und das Zweite zeigen hingegen nur 41 Partien.
Neuer Mitspieler Telekom
Die Fernsehwelt wird immer unübersichtlicher, das wird bei der EM wieder einmal deutlich. Seit dem Abschluss eines komplizierten Vertrages im Frühjahr ist klar, dass zehn EM-Partien nicht ohne Zusatzkosten zu sehen sind. ARD und ZDF gaben diese Spiele an die Telekom ab, um so die Heim-EM in drei Jahren zu retten. Denn sie waren im Poker um die Medienrechte für die EM 2024 in Deutschland leer ausgegangen. Stattdessen hatte sich der Bonner Konzern überraschend das Komplettpaket von der Europäischen Fußball-Union UEFA gesichert.
Erst im März teilte das Telekommunikationsunternehmen in einem umfangreichen Vertragswerk diese Rechte für 2024 mit ARD und ZDF – und es erhielt im Gegenzug Sendelizenzen für alle Begegnungen der diesjährigen EM und alle Partien der WM im kommenden Jahr sowie eine zweistellige Millionensumme. «Wer Fußball liebt, kommt an MagentaTV nicht vorbei», sagte Telekom-Manager Michael Hagspihl bei der Präsentation des hauseigenen EM-Programms voller Stolz.
Attraktives Paket von ARD und ZDF
Das Erste und das Zweite müssen nun also in den kommenden Wochen auf Partien verzichten. «Wenn man die Gesamtvereinbarung betrachtet – es ging ja darum, die Euro 2024 im eigenen Land zu übertragen – dann ist es gelungen, ein programmlich attraktives Paket zu vertretbaren wirtschaftlichen Konditionen zu bekommen», sagte ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann: «Was jetzt exklusiv bei der Telekom zu sehen ist, die zehn Gruppen- und Parallelspiele, ist da absolut verschmerzbar.»
Ähnlich äußerte sich Steffen Simon, der EM-Organisator der ARD. «Uns hat das – wirtschaftlich und lizenzrechtlich – die Möglichkeit gegeben, in drei Jahren bei der EM im eigenen Land dabei zu sein. Und das hatte logischerweise eine sehr hohe Priorität», sagte er.
Letztlich geht es um den Verkauf von Anschlüssen
Der Telekom ist mit dem Deal ein echter Coup gelungen, denn kein Sender zeigt in den kommenden Jahren so viele Turnierspiele wie MagentaTV. Dafür hat das Unternehmen für viele Millionen Rechte gekauft und auch beim Programm kräftig investiert. Am Dienstag wurde in Ismaning das neue Studio präsentiert, in dem das Unternehmen ThinXpool als Dienstleister währen der EM 160 Live-Stunden produziert.
Dazu hat die Telekom auch Prominenz eingekauft. Zu den Kommentatoren gehören unter anderen der sonst für Sky tätige Wolff Fuss und Marco Hagemann von RTL. Moderator der meisten EM-Sendungen ist der hauptsächlich beim ZDF arbeitende Johannes B. Kerner.
Die Telekom betreibt einen großen Aufwand. Letztlich geht es aber – vereinfacht ausgedrückt – nur darum, Anschlüsse zu verkaufen. Die Sport-Übertragungen auf MagentaTV, zu denen auch die Deutsche Eishockey-Liga, die Basketball-Bundesliga und die 3. Fußball-Liga gehören, sind dafür ein Mittel zum Zweck. Sie sind – wie die Champions League beim Internethändler Amazon – ein Marketinginstrument.