In der Krise beim Deutschen Olympischen Sportbund hat Chef-Ethiker Thomas de Maizière einen grundlegenden Wandel unabhängig von einem möglichen Austausch der Verbandsspitze angemahnt.
«Diese ganze Atmosphäre muss enden, und dazu braucht man einen Prozess, und der Prozess heißt Herstellung von Vertrauen», sagte der frühere Bundesinnenminister im Deutschlandfunk. Der 67 Jahre alte CDU-Politiker ist Vorsitzender der Ethikkommission, die der DOSB-Führung wegen heftiger Vorwürfe aus dem Mitarbeiterkreis vorgezogene Neuwahlen für Dezember empfohlen hatte.
Auch nach einer solchen Wahl werde der Verband aber noch Zeit brauchen, sagte de Maizière. «Zu glauben, dass rund um eine Person das Thema dann gelöst wäre, der verkennt die Tiefe des Problems», sagte er. Die anonym vorgetragenen Anschuldigungen richteten sich vor allem gegen Präsident Alfons Hörmann, dem psychischer Druck auf Mitarbeiter und ein laxer Umgang mit Corona-Vorschriften vorgeworfen wurde.
De Maizière forderte, die Veränderung beim DOSB müsse jetzt beginnen. «Es geht um einen Prozess, dass man aufhört, schlecht über andere zu reden – wer und worüber auch immer, und da müssen sich ganz viele an die eigene Nase fassen», sagte er. Er sehe bei vielen Themen in den Strukturen des Verbands «Verbesserungsbedarf auf allen Seiten».
Nach der scharfen Kritik der Ethikkommission, die beim DOSB «zu viel Selbstbespiegelung, Demotivation und Gerüchte, Unzufriedenheit und Unklarheit» festgestellt hatte, will die Verbandsspitze um Hörmann die Vertrauensfrage stellen. Dies soll kurz nach Ende der Sommerspiele und Paralympics in Tokio auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung geschehen. Neuwahlen hatte die DOSB-Führung zunächst nicht angekündigt.