Im Moment ihres größten Triumphes dachte Barbora Krejcíkova an einen ihrer schwersten Tage. Vor rund dreieinhalb Jahren war ihre Tennistrainerin Jana Novotna an Krebs gestorben, Krejcíkova hatte die Wimbledonsiegerin von 1998 damals eng begleitet.
Und nun stand sie mit dem Coupe Suzanne Lenglen in der Hand auf dem Centre Court von Paris und blickte in den Himmel. «Alles in den letzten beiden Wochen ist passiert, weil sie auf mich achtgibt, und ich danke ihr dafür», sagte Krejcíkova wenig später.
Wie aus dem Nichts stürmte die 25 Jahre alte Tschechin bei den French Open zu ihrem ersten Grand-Slam-Titel im Einzel und schaffte am Sonntag mit dem Erfolg im Doppel auch noch als erste Spielerin seit 21 Jahren das Double. Erst kurz vor dem Sandplatzklassiker im Stade Roland Garros hatte sie in Straßburg ihren ersten Einzel-Titel überhaupt gewonnen, vor dem Achtelfinale bei den French Open gegen die Amerikanerin Sloane Stephens hatte sie sich noch in der Kabine eingeschlossen, weil sie eine Panikattacke bekommen hatte.
Bescheidene Siegerin
Und nun nahm sie wenige Tage später aus den Händen von Tennis-Legende Martina Navratilova den Siegerpokal entgegen. Doch abgesehen von ihren emotionalen Erinnerungen an Novotna blieb sie dabei erstaunlich cool. Wo andere sich nach einem Grand-Slam-Titel einfach hinfallen lassen und den Boden küssen oder wild umherspringen, verzichtete Krejcíkova auf extravagante Gesten. Sie wisse, dass sich jetzt vieles für sie ändern werde. «Aber ich will einfach so bleiben, wie ich bin.»
Auch in diesem Charakterzug orientiert sich Krejcíkova an ihrem großen Idol. 2014 war Novotna nach Brünn zurückgekehrt, wo auch die damals 18-jährige Krejcíkova zu Hause war. Die junge Tschechin nahm all ihren Mut zusammen und klopfte an Novotnas Tür, um zu fragen, ob diese nicht einmal mit ihr trainieren könne. Novotona sagte ja, war vom Talent ihrer jungen Landsfrau überzeugt und war fortan Trainerin, Beraterin, Aufpasserin und Freundin in einer Person.
«Ich habe ihr alles zu verdanken», sagte Krejcíkova. «Mit ihre letzten Worte an mich waren: „Versuch, mit Freude zu spielen und einen Grand Slam zu gewinnen“», sagte Krejcíkova, nachdem sie den Auftrag ihrer Mentorin am Samstag beim 6:1, 2:6, 6:4 gegen die Russin Anastasia Pawljutschenkowa erfüllt hatte. «Ich denke jeden Tag an sie und bin sehr traurig, dass sie nicht hier sein kann.»
Was sie glaube, wie Novotna reagiert hätte, wenn sie diesen speziellen Moment auf der Tribüne hätte miterleben dürfen, wurde die Tschechin noch gefragt. «Ich weiß, wie sehr sie schreien und springen würde.» Und sich wohl auch über die Zugabe am Sonntag im Doppel gefreut hätte: Gemeinsam mit ihrer Landsfrau Katerina Siniakova siegte Krejcíkova im Finale 6:4, 6:2 gegen Bethanie Mattek-Sands aus den USA und die letztjährige Einzel-Siegerin Iga Swiantek. Zuletzt hatte die Französin Mary Pierce im Jahr 2000 das Double geschafft. Krejcíkova dankte nach dem zweiten gemeinsamen Erfolg mit Siniakova in Paris Betreuerstab, Familie und Fans «für diese erstaunliche Reise.»
Gratulationen kamen reihenweise. «Gratulace Barbora! Was für ein Turnier», twitterte ihre Landsfrau und zweimalige Wimbledonsiegerin Petra Kvitova. Als «größte Heldin» feierte die ehemalige Spielerin Barbora Strycova ihre Landsfrau. Die Zeitung «Denik» kommentierte: «Die Tenniswelt ist verblüfft, vielen fiel die Kinnlade herunter.»