Portugal besiegt Ungarn mit einem «teuflischen Schlussakt»

Cristiano Ronaldo reckte am perfekten EM-Rekordtag jubelnd die Arme in die Höhe. Mit gleich zwei Bestmarken und einem 3:0 (0:0) von Titelverteidiger Portugal gegen Ungarn ist der fünfmalige Weltfußballer perfekt in die Europameisterschaft gestartet.

In der mit 55.662 Zuschauern voll besetzten Puskas Arena mit einer Gänsehautatmosphäre wie in Vor-Corona-Zeiten steuerte Ronaldo zum Ehrentag einen Doppelpack bei. «Es war ein schwieriges Spiel gegen einen Gegner, der stark verteidigt hat, aber wir haben drei Tore erzielt. Ich bin der Mannschaft sehr dankbar, dass ich zwei davon geschossen habe», sagte Ronaldo.

Ronaldo-Show am Rekordtag

Mit nun insgesamt elf EM-Treffern krönte er sich zum alleinigen Rekordtorschützen vor dem Franzosen Michel Platini (9 Tore). Zudem ist er seit Dienstag auch Rekordteilnehmer. Der Superstar ist der einzige Spieler, der bei fünf Europameisterschaften zum Einsatz kam. Portugals Sportzeitung «A Bola» schwärmte schon vom «historischen Ronaldo». «Es war wichtig, gut zu starten, um Selbstvertrauen zu bekommen», sagte der Mann des Tages. Am Samstag (18.00 Uhr) steht in München ein Topspiel gegen Deutschland an.

Bis zum Jubel benötigten Ronaldo & Co. einen langen Anlauf, auch weil der 36-Jährige selbst eine Großchance aus fünf Metern über das Tor ballerte (43. Minute). Dazu präsentierte sich Ungarns Torhüter Peter Gulacsi als herausragender Schlussmann. Voller Anerkennung nahm Ronaldo den Leipziger Keeper nach dem Spiel in den Arm. «Das Wichtigste war, dass wir gewonnen haben», sagte Ronaldo.

Nachdem der Dortmunder Raphaël Guerreiro den Weg geebnet hatte (84.), schlug Ronaldo zu. Erst verwandelte er einen Foulelfmeter (87.), dann legte er in der Nachspielzeit nach (90.+2). Pfiffe von Ungarns Publikum gab es nach dem Schlusspfiff trotzdem.

Eine phasenweise hitzige Partie

In einer phasenweise hitzigen Partie erwiesen sich die mit vier Bundesliga-Profis aufgelaufenen Magyaren lange als unüberwindbar. Ein Abseitstor von Szabolcs Schön zählte zum Ärger der frenetisch feiernden Ungarn-Fans nicht (80.). «Mit ein bisschen Glück hätten wir ein Tor erzielen können. Das wäre toll gewesen. Wir werden es am Samstag wieder versuchen», sagte Gulacsi mit Blick auf das Duell gegen Weltmeister Frankreich. In der Schlussphase avancierte sein lange starker Vereinskollege Willi Orban zum Pechvogel: Er fälschte unhaltbar zum 0:1 ab – und verursachte den Elfmeter.

Die Gastgeber wurden trotzdem von den Fans gefeiert. Die Jubel-Menge ließ Erinnerungen an fast schon vergessene Zeiten aufleben. Prickelnd war die Atmosphäre schon vor dem Anpfiff, etwa bei Ungarns lautstark gesungener Nationalhymne. «Es war einfach großartig. Ich möchte allen Zuschauern danken», sagte Portugals Trainer Fernando Santos. Doch angesichts des Verzichts von Abständen und Masken gab es trotz aller Tests und Hygienekonzepte auch Kritik an dieser großen Menschenmenge in Pandemie-Zeiten.

Nachdem die Portugiesen im Tagesverlauf noch bei einem lockeren Spaziergang rund um ihr Hotel die Margareteninsel genossen, legten sie im Auftakt-Spiel der Gruppe F mit der DFB-Auswahl und Weltmeister Frankreich als weiteren Topteams temporeich los. Auffälligster Akteur der Seleção war anfänglich Diogo Jota. Der Offensivspieler von Jürgen Klopps FC Liverpool scheiterte zweimal an Gulacsi (5./40.). Orban bremste Jota per Grätsche (26.) – Szenen wie diese gab es etliche. «Wir waren fast das ganze Spiel im Ballbesitz, aber mit Geduld haben wir die Tore erzielt», sagte der Dortmunder Guerreiro.

Gulasci bei den Ungarn im Fokus

Das Leipziger Duo war hinten im Dauereinsatz, vorne ackerte Kapitän Adam Szalai (FSV Mainz 05) als Vorkämpfer seiner Mannschaft. Mit einem Kopfball nach Freistoß-Vorlage von Roland Sallai (SC Freiburg) sorgte Szalai auch zweimal für ein bisschen Torgefahr (37./50.). Szalai forderte die Fans auch auf, für noch mehr Anfeuerung auf den Rängen zu sorgen. Das taten diese nur zu gerne.

Gulacsis Paraden befeuerten die Stimmung weiter. Bei einem Kopfball von Pepe hechtete der Leipziger in seine rechte Torecke (47.), bei einem Distanzschuss von Bruno Fernandes in seine linke (67.). Nach dem 3:3 bei der EM 2016 entwickelte sich auch beim Wiedersehen ein spannendes Duell, bis Portugal spät aufdrehte. «Ein teuflischer Schlussakt sichert Portugal den Sieg zum Start», schrieb die Sportzeitung «Record». Vor allem dank Ronaldo.

Von Martin Moravec und Christian Kunz, dpa