Diego Armando Maradona ist seit über sieben Monaten tot, doch die letzten Stunden der argentinischen Fußball-Legende beschäftigen noch immer die Ermittler.
Wurde dem Weltklassestürmer im Alter von nur 60 Jahren sein exzessiver Lebensstil zum Verhängnis oder haben Gier, Unachtsamkeit und medizinische Schlamperei zu seinem frühen Tod geführt?
«Wenn Diego richtig behandelt worden wäre, in einem anderen Haus und mit ein bisschen mehr Liebe, würde er heute noch leben», sagte der Anwalt von Maradonas kleinem Sohn Diego Fernando, Mario Baudry, im argentinischen Fernsehsender TN. «Mit einer minimalen Pflege wäre er noch am Leben.»
Die Staatsanwaltschaft ermittelt
Auch die Staatsanwaltschaft wirft dem Ärzte- und Pflegeteam mittlerweile Totschlag vor. Die Ermittler gehen davon aus, dass sie um den schlechten Gesundheitszustand ihres Patienten wussten und ihm einfach seinem Schicksal überließen. In den vergangenen Wochen machten Maradonas Leibarzt Leopoldo Luque, seine Psychiaterin Agustina Cosachov und mehrere Pflegekräfte ihre Aussagen. Im Falle einer Verurteilung droht den Verdächtigen eine Freiheitsstrafe von bis zu 25 Jahren.
Im Mittelpunkt der Ermittlungen steht die häusliche Pflege Maradonas in einer privaten Wohnanlage nördlich von Buenos Aires nach einer Gehirnoperation wenige Wochen vor seinem Tod im November vergangenen Jahres. Dabei kam es offenbar immer wieder zu Problemen, wie aus in argentinischen Medien veröffentlichten Chatprotokollen hervorgeht. Einmal übergab sich Maradona nach einem schweren Abendessen, einmal stürzte er in seinem Zimmer.
Offenbar lehnte er selbst eine ständige Betreuung durch Pflegekräfte ab, andererseits nahmen die Ärzte aber auch Warnhinweise nicht ernst und äußerten sich abfällig über ihren Patienten. Eine neue Einweisung in ein Krankenhaus wurde wohl aus Image-Gründen verworfen.
In dem Haus im Viertel San Andres in Tigre am Delta des Río Paraná sollen Zeugenaussagen zufolge katastrophale Zustände geherrscht haben. Fraglich ist zudem, ob das angemietete Haus überhaupt für die Pflege eines kranken Menschen geeignet war. «Luque hat sich nichts vorzuwerfen. Er war zwar sein Arzt, aber er war nicht für die häusliche Pflege verantwortlich», sagte der Anwalt des Neurochirurgen, Julio Rivas, nach der Vernehmung seines Mandaten bei der Staatsanwaltschaft in San Isidro in der vergangenen Woche.
Maradonas schädliches Umfeld
Viel deutet darauf hin, dass sich Maradona zuletzt mit Menschen umgab, die mit dem Image des einstigen Superstars Geld verdienen wollten. «Diego ist lebendiges Kapital und alle streiten sich um dieses Kapital», sagte Maradonas Physiotherapeut Nicolás Taffarel in einer Sprachnachricht. Sein Anwalt Matías Morla vermarktet über seine Firma Sattvica SA beispielsweise die Markenrechte an «Maradona», «Diego», «El Diez» (Die Zehn) und «La mano de Dios» (Die Hand Gottes).
Den schlechten Gesundheitszustand des einstigen Spitzensportlers verheimlichten die falschen Freunde mit allen Mitteln. Offenbar fürchteten sie, von ihm unterzeichnete Verträge könnten sonst für ungültig erklärt werden. Beispielsweise soll sein Umfeld darauf bestanden haben, dass Maradona sich an seinem 60. Geburtstag im Stadion seines Vereins Gimnasia y Esgrima La Plata zeigte, obwohl er kaum gehen konnte und von zwei Begleitern gestützt werden musste.
Normalerweise wurde er von seinen Ärzten mit Kochsalzlösungen und Medikamenten für öffentliche Auftritte fit gemacht. An diesem Tag half auch das nicht mehr. Von seiner Familie hingegen wurde Maradona offenbar systematisch abgeschirmt. Seine Tochter Giannina beschwerte sich öffentlich, dass sie kaum Kontakt zu ihrem Vater aufnehmen könne. Sie machte Anwalt Morla für die schlechte Behandlung ihres Vaters in den Wochen und Monaten vor seinem Tod verantwortlich.
Auch Maradonas Ex-Freundin Verónica Ojeda sieht in dem Umfeld aus Anwälten, Beratern, Psychologen und Ärzten die wahren Schuldigen für den frühen Tod des Weltmeisters von 1986. «Ich will sie alle im Gefängnis sehen», sagte die Mutter von Maradonas Sohn Diego Fernando in einer Dokumentation des Fernsehsenders TN.