Darauf hat Alfred Gislason 16 Monate lang sehnsüchtig gewartet. Im Olympia-Test gegen Brasilien zum Auftakt des Drei-Länder-Turniers in Nürnberg feiert der Bundestrainer der deutschen Handballer an diesem Freitag (20.15 Uhr/Sport1) endlich seine Premiere vor Zuschauern.
«Das ist ein neues Erlebnis für mich als Nationaltrainer. Ich habe das bisher noch gar nicht erlebt», sagte Gislason. «Ich freue mich sehr, diese Stimmung von den Rängen zu haben und nicht jeden Ballkontakt zu hören. Das ist endlich mal etwas anderes.»
Im März 2020 – gut vier Wochen nach seiner Amtsübernahme – sollte Gislason in Magdeburg sein Debüt gegen die Niederlande geben. «Ich hatte mich auf eine volle Halle gefreut», erzählte der 61 Jahre alte Isländer im Rückblick. Doch dann kam Corona. Die Partie wurde abgesagt – und nach der Rückkehr in den Wettkampfmodus gab es für die DHB-Auswahl bisher nur Geisterspiele.
1000 Zuschauer pro Spiel zugelassen
In Nürnberg steigen nun erstmals wieder Länderspiele vor Fans. Jeweils 1000 Zuschauer dürfen gegen Brasilien und gegen Ägypten am Sonntag dabei sein. «Es wird uns vor dem Abflug nach Tokio sehr helfen zu merken, dass wir die Unterstützung und den Rückenwind von den Rängen haben. Das brauchen die Jungs», sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer. «Deshalb sind wir froh, jetzt in eine andere Zeit hineinzurutschen.»
Die Freude wird jedoch nur kurz sein, denn in Tokio müssen Kapitän Uwe Gensheimer & Co. wieder vor leeren Rängen spielen. «Klar spielen wir alle lieber vor Zuschauern, aber wir müssen die Entscheidung respektieren und wollen mit einer hohen Eigenmotivation auf dem Feld alles dafür tun, erfolgreich Handball zu spielen», sagte Gensheimer am Donnerstag.
Nicht nur emotional sollen die Tests in Nürnberg den Spielern einen Schub für Olympia geben. «Wir brauchen diese zwei Spiele dringend. Beides sind gute Mannschaften, die uns viel abverlangen werden. Wir können uns unter Topbedingungen austesten», betonte Gislason die sportliche Bedeutung und verkündete: «Die Mannschaft ist sehr ehrgeizig und bereit. Wir erhoffen uns Rückenwind für Olympia.»
Verzichten muss Gislason gegen Brasilien jedoch auf Spielmacher Philipp Weber, der wegen einer Muskelverhärtung in der Wade geschont wird. Dass die Südamerikaner beim Olympia-Turnier in Tokio zu den deutschen Vorrundengegnern gehören, ist nach Ansicht des Bundestrainers zwar «etwas unglücklich». Stören tut es ihn aber nicht. Zumal das Spiel schon lange vereinbart gewesen sei. Das vorerst letzte Duell mit Brasilien gewann die DHB-Auswahl bei der WM im Januar mit 31:24.
Noch höher einzuschätzen ist Ägypten. Der WM-Viertelfinalist habe sich «unglaublich stark entwickelt», lobte Gislason die Nordafrikaner. Seine Prognose: «Ich glaube, Ägypten kann definitiv bei den nächsten Turnieren um die Medaillen mitspielen.»
17 Spieler für Tokio nominiert
Das wollen in Tokio auch die deutschen Handballer. 17 Spieler hat Gislason für die Medaillen-Mission nominiert, von denen drei nur als Ersatzleute mitgehen. Die Länderspiele bieten also eine letzte Chance, sich noch einmal nachdrücklich beim Bundestrainer zu empfehlen – auch wenn dessen Personalplanung weitgehend abgeschlossen ist.
Gislasons Eindrücke von den Trainingseinheiten in dieser Woche waren durchweg positiv und lassen auf eine erfolgreiche Olympia-Generalprobe hoffen: «Die Spieler machen keinen müden Eindruck. Sie wirken frisch und sehr motiviert. Alle sind fit für die kommenden Aufgaben.»