In Japan sorgt zwei Tage vor Eröffnung der Olympischen Spiele ein deutlicher Anstieg der Corona-Infektionen auf den höchsten Stand seit einem halben Jahr für Alarmstimmung.
Experten warnen vor einer möglichen «kritischen» Situation in der Hauptstadt. Am Mittwoch meldete die Hauptstadt 1832 Neuinfektionen binnen eines Tages. Das sind 683 mehr Fälle als vor einer Woche. Die täglichen Neuinfektionen könnten Anfang August, also während der laufenden Olympischen Spiele, auf einen Rekord von rund 2600 Fällen steigen, erklärten medizinische Berater der Stadtverwaltung. Unterdessen wurden vier weitere Olympia-Sportler ebenfalls positiv auf das Coronavirus getestet.
Experten warnen
Insgesamt stieg damit die Zahl der positiven Tests, die seit dem 1. Juli von den Organisatoren ermittelt wurden, bis zum Mittwochvormittag (Ortszeit) auf 75. Die Athleten dürfen keinen Kontakt mit der japanischen Bevölkerung haben und dürfen sich nur zwischen dem Athletendorf und den Wettkampfstätten bewegen.
Manche Experten warnen laut dem japanischen Fernsehsender NHK, dass die Zahl der Neuinfektionen in der Olympia-Stadt Tokio auf mehr als 3000 Fälle innerhalb von 24 Stunden steigen könnte. «Die fünfte Welle ist bereits am Rollen», erklärte Toshio Nakagawa, Präsident des nationalen Medizinerverbandes.
Die Regierung ist über die Lage besorgt. Ministerpräsident Yoshihide Suga, der wegen seines Umgangs mit der Pandemie und seines sturen Festhaltens an den Spielen in der Kritik steht, rief die Bevölkerung am Mittwoch auf, sich die Olympischen Wettkämpfe zu Hause am Fernseher anzuschauen. Wegen der Pandemie sind Zuschauer von nahezu allen Wettkämpfen ausgeschlossen.
Bürger sollen zu Hause bleiben
Auch Tokios Gouverneurin Yuriko Koike bat die Bürgerinnen und Bürger, zu Hause zu bleiben, um eine weitere Ausbreitung des Virus mit seiner Delta-Variante zu verhindern. Sie sollten auch nicht während der bevorstehenden Feiertage und Sommerferien reisen. Einen großen Anteil der neu Infizierten machen junge Menschen aus. Tokio befindet sich noch bis weit nach Ende der Olympischen Spiele im inzwischen vierten Corona-Notstand.
Viele Bewohner sind die Notstandslage, in der Restaurants und Bars keinen Alkohol ausschenken und schon um 20.00 Uhr schließen sollen, allmählich leid. Dass die Regierung für IOC-Präsident Thomas Bach einen Empfang mit 40 Teilnehmern organisierte, während die Bürger weder zu Partys noch zu den Olympischen Spielen gehen dürfen, empfinden viele als Hohn. Nicht wenige trinken jetzt Alkohol auf der Straße. Das Rotlichtviertel Kabukicho mit seinen Bars ist auch abends noch hell beleuchtet.
Eine Mehrheit der japanischen Bevölkerung hatte sich in Umfragen immer wieder für eine erneute Verschiebung oder eine Absage der Olympischen Spiele ausgesprochen. IOC-Präsident Bach erklärte dazu, Japan müsse «über die Sicherheit nicht besorgt sein».