DFB-Auswahl mit Olympia-Fehlstart gegen Brasilien

Stürmer Max Kruse saß frustriert auf der Wechselbank und stierte nach dem bitteren Fehlstart der deutschen Olympia-Fußballer mit leerem Blick in den Abendhimmel von Yokohama, seine Teamkollegen trotteten mit hängenden Köpfen in die Stadion-Katakomben.

Trotz einer leidenschaftlichen Aufholjagd in Unterzahl ist die DFB-Auswahl auf ihrem Weg zur ersehnten Goldmedaille zum Auftakt des Tokio-Turniers von Brasilien kräftig ausgebremst worden. Vor leeren Rängen verlor das teils überfordert wirkende Team von Trainer Stefan Kuntz am Donnerstag gegen den Turnierfavoriten mit 2:4 (0:3) und verpasste so die Revanche für das verlorene Olympia-Finale 2016 und damit den erhofften Traumstart.

«Hätten höher verlieren können»

«Wir waren körperlich noch nicht auf der Höhe und hätten höher verlieren können», räumte Kuntz nach der Lehrstunde ein und richtete den Blick schnell nach vorn: «Als Trainer hoffst du, dass das der berühmte Schuss vor den Bug war. Wir versuchen das schnell abzuhaken. Es geht jetzt darum, die Mannschaft aufzurichten, um in den kommenden Spielen ein anderes Gesicht zu zeigen.»

Richarlison mit einem Dreierpack in der 7., 22. und 30. Minute sowie Paulinho (90.+4) untermauerten die Titelambitionen der Seleção, für Deutschland trafen Nadiem Amiri (56.) und Ragnar Ache (83.). Neben dem Spiel verlor das DFB-Team auch noch Kapitän Maximilian Arnold mit Gelb-Rot (62.). Der Wolfsburger fehlt damit im zweiten Turnierspiel am kommenden Sonntag gegen Saudi-Arabien, das zum Auftakt der Elfenbeinküste mit 1:2 unterlag. «Jeder, der die Tabelle lesen kann weiß, dass es ein Endspiel wird», sagte Kruse.

Bei drückender Hitze von über 30 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit kam die deutsche Mannschaft schnell ins Schwitzen. Gegen die leichtfüßigen Brasilianer waren die Schützlinge von U21-Nationaltrainer Kuntz oft mindestens einen Schritt zu spät dran. Schon in der 5. Minute hatte Matheus Cunha vom Bundesligisten Hertha BSC die Führung für den Rio-Olympiasieger auf dem Fuß, scheiterte aber an Torwart Florian Müller.

Riesige Lücken in der Defensive

Nur 120 Sekunden später musste der 23-Jährige vom VfB Stuttgart den Ball erstmals aus dem Netz holen. Zwar konnte Müller zunächst einen Schuss von Richarlison mit Mühe abwehren, doch den Abpraller versenkte der Stürmer vom englischen Premier-League-Club FC Everton eiskalt. Einmal in Fahrt legte der 24-Jährige noch zweimal nach. Die deutschen Spieler standen dabei jeweils Spalier, was Kuntz an der Seitenlinie mit einem verzweifelten Kopfschütteln quittierte.

Dem DFB-Team war anzumerken, dass es in dieser Formation zuvor noch nie zusammengespielt hatte. In der Defensive klafften riesige Lücken, im Mittelfeld fehlte es an der nötigen Kreativität und der Angriff war praktisch nicht existent. Qualitativ konnte die nach zahlreichen Absagen mühevoll zusammengestellte Mannschaft den individuell starken Südamerikanern ohnehin nicht das Wasser reichen. «Es war ein brutal hartes Spiel für uns, wir hatten zuviel Respekt», sagte Torwart Müller. «Es hat überall etwas gefehlt, aber es ist noch alles drin. Wir dürfen keine Angst haben, dann ist alles möglich.»

Erste Halbzeit «ein Witz»

Die völlig überforderte Kuntz-Truppe gab in der ersten Halbzeit einen einzigen Torschuss ab. Der Versuch von Amiri stellte Brasiliens Keeper Santos aber vor keine Probleme. «Was wir in der ersten Hälfte gemacht haben, war ein Witz», übte Benjamin Hinrichs Selbstkritik. Nach einem Handspiel des Abwehrspielers im eigenen Strafraum hätte sich die Laune von Kuntz in der Nachspielzeit fast noch mehr verschlechtert, doch Müller parierte den Elfmeter von Cunha und verhinderte damit das vierte Gegentor.

Nach dem Wechsel spielte die DFB-Elf etwas mutiger nach vorne, konnte die Brasilianer aber nur selten in Verlegenheit bringen. Vielmehr musste Müller gleich mehrfach sein Können unter Beweis stellen, um das Ergebnis im Rahmen zu halten. Zwar traf Amiri mit einem Direktschuss von der Strafraumgrenze, bei dem Santos nicht gut aussah, und Ache per Kopf – an der verdienten Niederlage änderte dies aber nichts mehr.

Von Jordan Raza und Eric Dobias, dpa