Kaum hatte Sideris Tasiadis Bronze um den Hals hängen, startete der Slalom-Stangen-Artist seine Gold-Mission.
«Wir sehen uns in drei Jahren wieder», sagte der 31-jährige Augsburger mit Blick auf Paris 2024. Dort will er seine Sammlung komplettieren, nachdem es 2012 schon Silber gab. Auch wenn Gold schon am Montag im Kasai Canoe Slalom Centre von Tokio greifbar war, genoss er den bronzenen Erfolg.
«Es ist pure Freude»
«Es ist pure Freude, denn der Weg hierher war hart und sehr lang. Ich bin sehr stolz und sehr glücklich über meine zweite olympische Medaille», sagte Tasiadis nach der Siegerehrung, kleinlaut fügte er an: «Klar wollte ich Gold, ich weiß auch, wo ich die Zeit verloren habe», sagte er nach einem nicht ganz optimalen Lauf. «Doch als guter Sportler muss man auch den Super-Lauf vom Slowenen Benjamin Savsek anerkennen, er hat das cool gemacht», lobte der Polizeiobermeister.
Der Canadierspezialist sorgte am Montag mit Bronze für die erste Medaille des Deutschen Kanu-Verbandes (DKV). Zugleich war es das dritte Edelmetall für das gesamte deutsche Olympia-Team. Nach dem Slowenen schob sich auch noch Lukas Rohan aus Tschechien an ihm vorbei. Zur ersehnten Goldmedaille fehlten 5,45 Sekunden, weil Tasiadis bei seiner Finalfahrt Probleme an Tor 19 hatte und Zeit verlor. Ansonsten blieb er vor den Augen von IOC-Präsident Thomas Bach fehlerfrei. Cheftrainer Klaus Pohlen: «Ich bin zu alt für diese Art von Spannung. Vom Leistungsniveau entspricht die Medaille den Erwartungen, vom Leistungspotenzial war sogar mehr drin.»
Glücksbringer aus Plüsch
Als Glücksbringer hatte Tasiadis ein kleines Erdmännchen aus Plüsch von Freundin Denise dabei. Das Maskottchen namens Freddy brachte genauso viel Glück wie sein Tattoo, das er sich 2012 vor den Spielen in London stechen ließ. Motiv: die olympischen Ringe. «Es war ein großer Traum von mir, dort mal an den Start gehen zu dürfen. Man arbeitet ja sein ganzes Leben darauf hin. Es hat Glück gebracht.»
Für den erneuten Coup im Olympia-Kanal hatte er nichts dem Zufall überlassen. Die bitteren Momente von Rio 2016, als er in der Qualifikation und im Halbfinale Bestzeit fuhr und dann mit einem Leichtsinnsfehler im oberen Streckenabschnitt die Medaille als Fünfter um 46 Hundertstelsekunden verpasste, wollte er vermeiden.
Kajak umgebaut
Dafür baute der in Augsburg geborene und aufgewachsene Routinier, dessen Eltern aus Nordostgriechenland stammen, extra ein Boot um. «Ich habe einfach ein Kajak genommen, das habe ich so umgebaut, dass es zum C1 wird.» Vorteil: Es dreht besser und hat ein besseres Ansprechverhalten. «Ich bin davon ausgegangen, dass die Strecken immer schwerer werden, da brauchst du auch ein sehr gutes Boot, was schnell dreht, es funktioniert echt ganz gut.» Hinzu kam noch ein neues Paddel, was nur 250 Gramm wiegt. Der Vorteil zahlte sich aus.
Kurios zudem: Tasiadis hatte das Tokio-Ticket im vierköpfigen Slalomteam als Letzter ergattert. Bei der EM im italienischen Ivrea bewies er Nervenstärke und setzte sich gegen Weltmeister Franz Anton aus Leipzig durch. Seitdem hat er weiter an technischen Komponenten gearbeitet und viele kleine Baustellen verbessert. Er selbst ist dabei sein größter Kritiker. Ein weiterer Begutachter seiner Leistungen ist Hundedame Milou, die regelmäßig am Wildwasserkanal in Augsburg oder Markkleeberg mitläuft und die Läufe verfolgt.
Durch den Sportlehrer ins Kajak
Das erste Mal im Boot saß Tasiadis mit elf Jahren. «Ich hatte vorher noch nie die Sportart gekannt, obwohl ich in Augsburg geboren und aufgewachsen bin. Da war Kanuslalom für mich eigentlich kein Begriff», sagte er und fügte logisch an: «Wie jeder Jugendliche war ich Fußball spielen auf dem Bolzplatz.» Auf Kanuslalom kam er dank seines Sportlehrers Klaus Gebhard. Er führte ihn heran.
Schon im Jugendalter erlernte er bei ihm spielerisch das Paddeln unter Druck. Zur Motivation schloss er mit ihm sogar Wetten ab. Um das Gefühl und das Auge für das Wasser zu bekommen, fuhr Gebhard in den Ferien mit seinen Schützlingen nach Slowenien oder Frankreich auf wilde Flüsse. Schon da lernte Tasiadis vorausschauend zu fahren. Daher kann er sich auch schwere Strecke schnell erarbeiten: «Das hat wenig mit Kanuslalom zu tun. Aber wir haben gelernt, das Wasser zu lesen.» Nun geht es in den nächsten Tagen sofort heim nach Augsburg: «Schade, ich hätte gerne mein Team noch angefeuert.»