Deutsche werfen Karate-Gegnern Absprache vor

Noah Bitsch war hin- und hergerissen – zwischen Stolz und Verärgerung. Der deutsche Karateka und sein Bundestrainer Thomas Nitschmann haben nach dem Vorrunden-Aus des 31-Jährigen bei den Olympischen Spielen in Tokio schwere Vorwürfe gegen zwei Konkurrenten erhoben.

«Wer die beiden kennt, weiß, dass der Kampf fingiert war», sagte Nitschmann über das abschließende Duell der Gruppenphase zwischen dem Aserbaidschaner Rafael Aghayev und dem Italiener Luigi Busa. Aghayev habe Busa «gewinnen lassen, sodass beide weiterkommen». Leidtragender war Bitsch – nach dem letzten Kampf seiner Karriere.

«Nicht olympiareif»

Bitsch sprach von einem «Schnippchen», dass ihm die beiden Rivalen geschlagen hätten. «Keine Ahnung, warum. Das sind so geile Typen», sagte er. Eigentlich gehöre zu Olympia Fairplay. «Das war nicht olympiareif, was die gebracht haben.» Aghayev und Busa standen sich später dann sogar im Finale gegenüber, der Italiener holte Gold.

Um das Halbfinale der Gewichtsklasse bis 75 Kilogramm in der Disziplin Kumite zu erreichen, hätte Bitsch einen der ersten beiden Plätze in seiner Gruppe belegen müssen. Er wurde aber nur Dritter. Nach einer Niederlage gegen Aghayev und einem Sieg gegen den Kasachen Nurkanat Aschikanow verlor er gegen Busa. Trotz eines weiteren Sieges gegen Tsuneari Yahiro (Australien) war sein Weiterkommen damit vom Duell zwischen Aghayev und Busa abhängig. Hätte Busa verloren, wäre Bitsch Zweiter geworden. Der Italiener gewann aber. «Ein Unentschieden hätte auch gereicht», sagte Nitschmann. «Aber ein Unentschieden so zu halten, dass es nicht auffällt, ist schwierig.»

Der Aserbaidschaner räumte ein, dass die Niederlage ihm tatsächlich gelegen kam: «Ich wollte Zweiter in der Gruppe werden, damit ich im Halbfinale gegen den Ungarn kämpfen kann. Das war meine Taktik.»

Olympische Premiere

Karate feiert in Tokio seine olympische Premiere, gehört bei den Spielen 2024 in Paris aber schon wieder nicht mehr zum Programm. Es ist also nur ein Kurzauftritt auf der größten Bühne des Sports – und dann stehen gleich solche Verdächtigungen im Raum. «Natürlich ist das tragisch, aber letztlich hatte Noah es in der Hand, selbst gegen Luigi zu gewinnen – sodass es zu dieser Situation nicht kommen kann», sagte Nitschmann. Er hatte solch ein Szenarios eigener Aussage zufolge schon nach der Auslosung befürchtet.

Er müsse auf sich gucken und habe einen «Matchball» gegen Busa nicht genutzt, sagte Bitsch selbst. Trotz der verpassten Medaille sei er mit seiner Leistung zufrieden. Immerhin hatte er beim Quali-Turnier in Paris im Juni noch eine schwere Knieverletzung erlitten und seither nur eingeschränkt trainieren können. «Das war mein letzter Wettkampf», sagte der Athlet aus Waltershausen. «Hiermit beende ich meine Karriere.» Richtig schmecken kann ihm dieser Abschied nicht.

Von Christoph Lother, dpa