Die Fans feiern ihre Rückkehr – doch die Clubs wollen mehr

Über die ausgelassene Stimmung in den Bundesliga-Stadien schwärmten Spieler wie Trainer. Ob tief im Westen beim VfL Bochum, im Süden beim SC Freiburg, auf halbem Weg in Frankfurt oder im Osten in Leipzig – die Rückkehr der Fans sorgte auch am 2. Spieltag für echte Fußball-Atmosphäre.

Doch trügt der Schein? Zumindest einigen Vereinen geht die Teil-Öffnung der Arenen während der Pandemie nicht weit genug. Hertha-Geschäftsführer Fredi Bobic deutete rechtliche Schritte gegen die Corona-Beschlüsse an.

«Wir würden uns einer Klage anschließen», sagte der Ex-Nationalspieler beim neuen TV-Sender Bild, sollten einzelne Vereine diesen Weg gehen wollen. Er glaube, dass sich die Deutsche Fußball Liga nach der Länderspielpause Anfang September für eine volle Öffnung der Stadien einsetzen werde. In Berlin waren gegen den VfL Wolfsburg am Samstag aber lediglich 18.241 Zuschauer ins Olympiastadion gekommen, dabei wären 25.000 Personen zugelassen gewesen.

«Wir werden dahinkommen, dass wir alles öffnen. Es ist nicht mehr aufzuhalten», sagte der 49-Jährige, der die Limitierung der Zuschauerzahlen als einen Grund für die Zurückhaltung der Fans ansieht: «Ich bin mir sicher, dass viel mehr Zuschauer gekommen wären, wenn alles frei zugänglich wäre und die Kapazitäten nicht beschränkt gewesen wären.» Vor allem für Geimpfte und Genesene sollte es keine Beschränkungen geben. Die Debatte über die sogenannte 2G-Regel beschäftigt die Bundesliga seit Wochen. In vielen Stadien haben auch negativ Getestete Zutritt, dort gilt die 3G-Regel.

Bobic hatte sich bereits in der vergangenen Woche als Mahner hervorgetan. Die Clubs sind abhängig von den Einnahmen aus dem Ticketverkauf. Bund und Länder hatten am 10. August beschlossen, dass die Stadien bis zu 50 Prozent, aber nur maximal mit 25.000 Zuschauern gefüllt werden dürfen. Die Vereine mit großen Arenen sind benachteiligt. Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hatte mehrfach weitergehende Regelungen für die nahe Zukunft gefordert.

Die ersten beiden Spieltage zeigten aber auch, dass die verfügbaren Karten nicht zwingend innerhalb kürzester Zeit verkauft werden. Bei Eintracht Frankfurt blieben am Samstag 3000 Plätze unbesetzt, selbst beim Aufsteiger Bochum wurden knapp 1000 Tickets nicht abgesetzt. «Wir sind noch nicht wieder alle, aber viele», sagte Frankfurts Vorstandsmitglied Axel Hellmann vor der Partie gegen den FC Augsburg auf dem Rasen. Die Eintracht hatte schon einmal mit Klage gedroht, um offene Fragen in der Zuschauerdebatte zu klären.

Die Gründe für die Zurückhaltung mancher Fans scheinen vielschichtig. Angeführt wurden zuletzt unter anderem die Ferienzeit, das Fernbleiben der Ultras bedingt auch durch das kompliziertere Vergabeverfahren mit vorgeschriebener Nachverfolgung. Und die weiterhin bestehende Corona-Skepsis? Fraglich, ob wirklich sofort deutlich mehr Fans kommen würden, wenn sie denn offiziell dürften. In Berlin, sagte Trainer Pal Dardai am Sonntag, wären gegen den VfL Wolfsburg auch zu normalen Zeiten nur 40.000 Fans gekommen – etwas mehr als die Hälfte derer, die ins Olympiastadion passen.

«Die Ultras aus der Ostkurve kommen derzeit nicht, die haben andere Probleme», sagte der Ungar. «Es gibt Menschen, die haben ein bisschen Angst, andere Menschen haben sich an den Fernseher zu Hause mit einem Bier gewöhnt. Das war gut, dass so viele Leute da waren.» Die Ultras würden zwar fehlen, die «Stadionatmosphäre» sei nicht so da gewesen, «aber da können wir keinen Vorwurf machen», sagte Dardai. «Wir sind froh mit der Zahl.» Für den Verein sei es aber nicht einfach.

Die Profis waren am Wochenende ebenso mit jenen Zuschauerzahlen zufrieden, die sie hatten. «Wir sind froh, die Fans wieder zu haben», sagte Bochums Sebastian Polter nach dem Sieg gegen den FSV Mainz 05. «Egal, in welchem Stadion der Welt, Fans gehören ins Stadion, um diese Momente mitzuerleben, zuhause oder auswärts feiern zu gehen und am Abend noch ein Bierchen zu nehmen.»

Von Jan Mies, dpa