Paralympics: Fünf Medaillen, aber noch kein Gold

Leon Schäfer fehlten fünf Zentimeter zu Gold, Thomas Schmidberger zwei Punkte: Am Samstag holten die deutschen Athleten bei den Paralympics zwar beachtliche fünf Medaillen, die erhoffte goldene war aber auch am vierten Wettkampftag immer noch nicht dabei.

Dass dem ehemaligen Olympia-Dritten Robert Förstemann im Zeitfahren auf der Radbahn als Guide von Kai Kruse acht Hundertstelsekunden zu Bronze fehlten, passte zum insgesamt unglücklichen Tag.

Die Medaillen neben den beiden silbernen für Weitspringer Schäfer (Leverkusen) und Tischtennisspieler Schmidberger (Düsseldorf) holten Tischtennisspielerin Stephanie Grebe (Berlin), Sprinterin Lindy Ave (Greifswald) über 100 Meter und Schwimmerin Verena Schott (Cottbus), die bereits zum zweiten Mal Bronze gewann. Valentin Baus (Düsseldorf) steht im Tischtennis-Finale und probiert in der Nacht zum Sonntag den nächsten Griff nach Gold.

«Ich bin auf der einen Seite happy mit Silber. Aber der Ärger überwiegt», sagte Schäfer, der als Weltrekordler und Weltmeister in die Weitsprungkonkurrenz der Amputierten gegangen war. «Ich bin einfach zu spät aufgewacht. Ich weiß, dass ich mehr kann. Vielleicht war ich zu entspannt.» Am Ende siegte der erst 19 Jahre alte Ntando Mahlangu mit 7,17 Metern und fünf Zentimetern Vorsprung. «Den hab ich so nicht auf dem Schirm gehabt. Krass», sagt Schäfer. Der Südafrikaner sprang fast 70 Zentimeter über seiner vorherigen Bestleistung, was möglicherweise mit seiner Jugend und der langen Wettkampfpause während Corona zu erklären ist.

Finalkrimi im Tischtennis

Tom Schmidberger war am Mittag so dicht an Gold dran wie keiner vor ihm. Und wie auch er selbst bei Paralympics noch nie. Doch nach einem echten Krimi im Endspiel durfte wieder einmal Panfeng Feng jubeln. Der Chinese holte durch das 3:2 (11:9, 11:4, 8:11, 4:11, 9:11) das vierte Einzel-Gold bei Paralympics in Folge. Der querschnittsgelähmte Schmidberger, 2012 bei der Schlussfeier Fahnenträger, holte nach Bronze vor neun Jahren zum zweiten Mal Silber.

«Es war knapp, aber es ist eine Niederlage», sagte Schmidberger: «Wenn man ein Finale verliert und wäre superhappy, wäre was falsch. Ich brauch jetzt ein paar Stunden, aber spätestens, wenn ich neben der Medaille einschlafe, bin ich happy.» Mannschaftsgold ist jetzt das große Ziel, «aber das war es vorher auch schon.»

Grebe scheiterte zwar durch ein 0:3 im Halbfinale gegen die Russin Maliak Aliewa. Ein Spiel um Platz drei wird im Tischtennis nicht ausgespielt. «Ich hatte zwei Satzbälle im ersten Durchgang. Die hätte ich nutzen müssen. Danach bin ich nicht mehr reingekommen», sagte Grebe, die an einer Fehlbildung beider Hände leidet.

Ärger bei Bahnrad-Duo

Mit leeren Händen stand derweil Förstemann da. Und er erschien nachher alleine. Sein Partner Kruse sei «nicht in der Lage, ein Interview zu geben», sagte Förstemann nach der knapp verpassten Bronzemedaille. «Er muss das erst einmal mental verkraften. Das wird harte Arbeit, ihn wieder aufzurichten.»

Förstemann hatte dafür umso mehr Redebedarf. «Wir haben uns den Arsch aufgerissen. Aber man fühlt sich im Stich gelassen», sagte der gebürtige Thüringer, der seit 2019 als Guide des sehbehinderten Rostockers Kruse fungiert. «Da sind im Vorfeld einige Dinge schiefgelaufen, die man offen ansprechen und aufarbeiten muss. Das war alles andere als professionell.» Förstemann zählte einige Dinge auf: «Unser Tandem war vier Kilo schwerer als das der Sieger. Während die schon im Windkanal waren, hatten wir nicht mal ein Rad zum Trainieren. Ich hoffe, dass jetzt alle wachgerüttelt sind.»

Mit der eigenen Leistung war der 35-Jährige, der 2012 in London Olympia-Bronze im Teamsprint gewonnen hatte, zufrieden. «Wir haben uns in zwei Jahren um 3,5 Sekunden verbessert, das ist Wahnsinn.» Die Medaille so knapp zu verpassen, tue mehr weh als der um vier Hundertstel verpasste WM-Titel im Teamsprint 2014: «Da hatten wir wenigstens eine Medaille. Schlimmer als heute geht es nicht.»

Von Holger Schmidt und Tobias Brinkmann, dpa