Alarmstimmung bei Hertha – Schwarz: «Nicht unser Anspruch»

Sandro Schwarz wirkte ratlos wie selten. Mit grimmiger Miene und den Händen tief in der Manteltasche verfolgte der Berliner Fußball-Lehrer emotionslos die letzten Minuten der Partie in Bochum.

Der bedenkliche Auftritt seines Teams beim verdienten 1:3 (0:2) im Bundesliga-Kellerduell drückte nach der eigentlich positiven Vorbereitung mächtig aufs Gemüt und versetzte alle Beteiligten in Alarmstimmung. Schließlich rangiert das Team erstmals seit dem vierten Spieltag auf dem vorletzten Tabellenplatz. 

Hertha steht nach Niederlage unter Druck

«Wenn wir so auftreten, brauchen wir auch in den kommenden Spielen nicht über Punkte reden», klagte Marco Richter, «wir müssen das Spiel ganz schnell abhaken, das heute war scheiße.»

Die deutlichen Worte des Offensivspielers machten Sinn. Über weite Strecken der Partie präsentierten sich die Berliner wie ein Absteiger. Nach den Gegentreffern von Philipp Hofmann (22./56.) und Keven Schlotterbeck (44.) vor 26.000 Zuschauern war die vierte Auswärtsniederlage in Serie besiegelt. Daran konnte auch das späte Anschlusstor von Suad Serdar (87.) nichts ändern. Ähnlich wie Richter verspürte auch Trainer Schwarz wenig Lust auf Schönfärberei: «Jeder kann sich sicher sein, dass wir wissen, in welcher nicht überraschenden Tabellenregion wir sind. Damit gehen wir sehr seriös, sehr konsequent und konzentriert um.»

Laut jüngsten Medienberichten soll die Hertha in aussichtsreichen Verhandlungen mit einem neuen Investor aus den USA stehen. Doch solch blutleere Auftritte des Teams wie in Bochum dürften die weiteren Gespräche mächtig erschweren. «Für das, war wir uns vorstellen an Intensität, war das zu wenig. Das ist nicht unser Anspruch. Das gilt es zu verbessern», forderte Schwarz. 

Der vermeintliche Hertha-Führungstreffer von Lucas Tousart, den Schiedsrichter Martin Petersen nach Intervention des Videoassistenten zurücknahm, weil der Ball zuvor im Toraus war (11.), verstärkte den Frust des Trainers. Nach dem Schlusspfiff diskutierte Schwarz intensiv mit dem Schiedsrichterteam.  

Sein Schützling Richter tat sich mit Erklärungen für den Leistungseinbruch ähnlich schwer wie der Coach: «Wir hatten ein sehr gutes Trainingslager und eine gute Vorbereitung. Und dann kassieren wir viel zu leicht Tore.» Maximilian Mittelstädt führte das auf die bessere Effektivität der Bochumer zurück: «Diese Effektivität brauchen wir auch.» Das Berliner Eigengewächs hofft auf eine schnelle Trotzreaktion der Mannschaft schon im nächsten Spiel daheim gegen Wolfsburg: «Jetzt dürfen wir nicht die Köpfe hängen lassen. Gut, dass wir am Dienstag direkt weiter machen können.»

Schlotterbeck trifft im ersten Spiel als Kölner

Wie man sich selbst aus scheinbar aussichtslosen Situationen befreien kann, demonstriert momentan der VfL Bochum. Seit dem Amtsantritt von Trainer Thomas Letsch gelang dem bereits als Absteiger gehandelten Revierclub der Sprung vom letzten auf den 14. Tabellenplatz. «Wir haben wieder gezeigt, dass wir eine Mannschaft sind, die daran glaubt», schwärmte der Trainer, unter dessen Regie der vierte Heimsieg in Serie gelang. Wie schon zuvor bei den unerwarteten Erfolgen gegen Frankfurt (3:0), Union Berlin (2:1) und Borussia Mönchengladbach (2:1) profitierte das Team von großer Leidenschaft.

Neben Doppelpacker Hofmann hatte vor allem Abwehrspieler Schlotterbeck allen Grund zur Freude. Gleich in seinem ersten Spiel für seinen neuen Club gelang der Leihgabe vom SC Freiburg ein Treffer. «Das hat Spaß gemacht – mit dem Tor, mit dem Sieg», kommentierte der Neuzugang und sprach eine Empfehlung für die kommende Wochen aus: «Zu Hause sollten wir punkten und auswärts Nadelstiche setzen. Dann bleiben wir über dem Strich.»

Heinz Büse, dpa