Altersfrage auf juristischem Prüfstand: Gräfe gegen DFB

Im Streit um sein altersbedingtes Ausscheiden als Spitzenschiedsrichter verklagt Manuel Gräfe den DFB vor dem Landgericht Frankfurt/Main auf Schadenersatz.

Der mittlerweile 49 Jahre alte Berliner hatte im vergangenen Jahr seine Bundesliga-Karriere nach 289 Einsätzen wegen der Altersbeschränkung des Deutschen Fußball-Bundes für Referees mit 47 Jahren beenden müssen. Für heute (14.00 Uhr) hat das Gericht einen Verkündungstermin anberaumt. Inzwischen hat der frühere WM-Unparteiische Felix Brych angekündigt, er wolle noch mit 48 in der Bundesliga pfeifen.

Um was geht es?

Vordergründig um die Summe von rund 190.000 Euro. Das vorrangige Ziel der Klage sei jedoch, dass «ich gerne verifiziert haben möchte, dass das Alter der Weg war, um mich loszuwerden», betonte Gräfe während der Verhandlung am 16. November.

Was sagen die DFB-Statuten?

Die Altersbeschränkung ist nicht in der Satzung festgeschrieben, aber gängige Praxis seit vielen Jahren. Eine Ausnahme gab es zum Beispiel in der Achtzigerjahren wie im Fall Walter Eschweiler. Gräfes Anwalt Olaf Methner ist der Meinung: «Diskriminierungsrechtlich reicht es aus, dass eine solche Altersgrenze praktiziert wird, auch wenn sie nicht schriftlich irgendwo festgelegt ist.»

Was sagen die DFB-Verantwortlichen?

Der Verband bestreitet Gräfes Vorwürfe, dass man ihn loshaben wollte. DFB-Schiedsrichterchef Lutz Michael Fröhlich brachte kürzlich die Aufweichung der Altersgrenze für Spitzen-Referees ins Gespräch. Diese solle nur noch ein Orientierungspunkt sein. «Auf der Suche nach einer Lösung kann man über alles diskutieren. Es geht ausschließlich darum, was hilft dem Gesamtsystem? Das muss man unabhängig vom Alter der Personen betrachten», sagte Fröhlich der «Bild».

Warum konnten sich beide Parteien bisher nicht einigen?

Ein Vergleichsangebot des Gerichts hatte der Gräfe-Anwalt ausgeschlagen. «Das Gericht hat den DFB nicht dazu bewegen können oder bewegen wollen, einzugestehen, dass Herr Gräfe wegen des Alters von 47 Jahren als Schiedsrichter nicht weiter berücksichtigt wurde. Diese Erklärung hätten wir uns gewünscht», erklärt er.

Wie geht es mit Gräfe weiter?

Der Berliner würde seine Karriere auch jetzt noch fortsetzen. «Ich hätte gerne weitergemacht. Meinen Füßen, Knien und der Hüfte geht es gut. Aber der DFB pocht auf eine uralte Richtlinie», sagte Gräfe einst. «Ich fühle mich, als könnte ich bis 50 pfeifen oder länger.» Dies gilt aber selbst bei einem Urteil in seinem Sinne als unrealistisch: Der frühere FIFA-Spielleiter und die Verantwortlichen im Schiedsrichterwesen beim Verband sind längst zerstritten. Fröhlich sprach von «verhärteten Fronten». Gräfe forderte im ZDF-«Sportstudio» einen «Neustart im DFB-Schiedsrichterwesen».

Was ist mit anderen Spitzenschiedsrichtern?

Felix Brych will auch mit 48 Jahren noch Bundesliga-Spiele pfeifen. «Ich habe im Rahmen des Winter-Trainingslagers in Lagos gegenüber der sportlichen Leitung meine grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, auch über die laufende Bundesliga-Spielzeit hinaus als Schiedsrichter zur Verfügung zu stehen», sagte Brych der Deutschen Presse-Agentur. Der Münchner wird am 3. August 48, er hat bisher 327 Spiele in der ersten Liga gepfiffen und war 2014 in Brasilien und 2018 in Russland WM-Referee. Der fünfmalige «Schiedsrichter des Jahres» in Deutschland hatte sich nach der EM 2021 von der internationalen Bühne zurückgezogen.

Wie reagierte der DFB auf die Brych-Ankündigung?

Der Verband hat bereits Bereitschaft signalisiert. «Wir begrüßen diese Bereitschaft von Felix Brych und sind da bezüglich der Kaderplanung für die nächste Saison 2023/2024 weiterhin sehr offen», heißt es in einer Stellungnahme der DFB Schiri GmbH.

Ulrike John, dpa