Das Zeug zum Klassiker hat das Vorrundenspiel Marokko gegen Kroatien bei der Fußball-WM in Katar sicher nicht.
Für die ARD ist die Partie am Mittwoch (11.00 Uhr) im al-Bayt Stadium in al-Chaur dennoch etwas Besonderes: Christina Graf wird als erste Frau im Ersten ein Spiel bei einer Männer-WM kommentieren. «Tatsächlich habe ich das nicht so für mich im Kopf. Ich bin auch nicht jemand, die danach lechzt und das haben muss», sagt die 36-Jährige vor ihrem ersten WM-Spiel über die Aufmerksamkeit, die sie nun auf sich zieht.
Die Umschreibung «die erste Frau, die…» ist für Christina Graf nichts Neues. Im Januar 2013 durfte sie beim Pay-TV-Sender Sky als erste Frau ein Zweitliga-Spiel kommentieren. «Das hat mich damals auch nicht interessiert, als ich in der 2. Bundesliga kommentiert habe», sagt sie. Sie wolle ihre Arbeit so gut wie möglich machen. «Das möchte ich bei einer Drittliga-Zusammenfassung genauso gut machen wie bei einer Weltmeisterschaft.»
Frau mit viel Erfahrung
Graf hat als Reporterin bereits viel Erfahrung, bei Sky und in der ARD. «Sie ist seit vielen Jahren im Radio- und Fernseh-Geschäft», sagt ARD-WM-Teamchef Harald Dietz. Zudem hat Graf eine Bundesliga-Vergangenheit: Sie spielte für den SC Bad Neuenahr und den FFC Heike Rheine, ehe eine schwere Verletzung ihre Karriere abrupt beendete.
«Weil sie selbst hochklassig gekickt hat, versteht sie extrem viel vom Fußball», sagt Dietz. Anfeindungen wegen fehlender Fachkenntnis, was man Frauen vor allem von Männer-Seite ab und an unterstellt, sei sie nicht ausgesetzt, meinte er. Sie schaffe, unaufgeregt ein Spiel zu überblicken, zu schildern und zu lesen, «auf der anderen Seite trotzdem keinen Schlafwagen-Fußball zu präsentieren», lobt Dietz.
Frauen am TV-Mikrofon sind oft Anfeindungen in den sozialen Medien ausgesetzt. ZDF-Kommentatorin Claudia Neumann hat dies oft genug erlebt. Christina Graf will dem aus dem Weg gehen. Sie hat einen Instagram-Kanal, den sie privat nutzt. Mehr Social Media braucht sie nicht. «Mir tut das nicht gut. Ich habe schon mal gesagt, das verkackt einem den Tag. Nicht nur einen Tag, sondern zwei oder drei», sagt sie. «Weil nicht nur nette Worte fallen.» Das mache was mit ihr. «Und ich möchte das nicht.»
Sie begrüßt es, dass immer mehr Frauen im Sportjournalismus nach vorn drängen. Selbstverständlich sind Kommentatorinnen aber noch nicht, meint Graf. «Wir müssen alle etwas tun, damit wir bald an diesem Punkt sind, dass es nicht so hervorgehoben wird: Sie macht es als erste Frau.»