Bayerns Experten in Leverkusen gefordert – Hernández dabei

Ein tatendurstiger Julian Nagelsmann hätte am liebsten nur über den Reiz des prickelnden Topspiels seiner Bayern in Leverkusen geredet. Der Erste gastiert beim punktgleichen Zweiten – mehr geht nicht in der Bundesliga.

Doch natürlich konnte sich der Münchner Coach dem Thema Lucas Hernández beim verbalen Warm-Up für das große Fußball-Duell an diesem Sonntag (15.30 Uhr/DAZN) nicht entziehen. Der 34-Jährige löste die knifflige Aufgabe jedoch mit der reinen Konzentration auf den sportlichen Aspekt.

Nagelsmann plant mit Hernández

«Er hat sehr gut trainiert und ist in meinen Planungen für beide Spiele ganz normal dabei», sagte Nagelsmann zu Hernández. Und er schloss bei dieser Aussage überraschend das auf den Leverkusen-Trip folgende Champions-League-Spiel bei Benfica Lissabon gleich mit ein.

Weltmeister Hernández droht in Spanien eine Haftstrafe wegen der Missachtung eines Gerichtsurteils. Es geht dabei um den Verstoß gegen ein Kontaktverbot, das auf einen früheren handgreiflichen Streit mit seiner damaligen Freundin und heutigen Ehefrau basiert. Am Dienstag – dem Tag vor der Partie in Lissabon – muss der 25-jährige Franzose vor einem Strafgericht in Madrid erscheinen. Stand jetzt muss Hernández in den Tagen danach eine sechsmonatige Haftstrafe antreten.

Nagelsmann hat Hitzkopf Hernández im Training genau beobachtet und hält ihn anscheinend für fähig, zunächst einmal in Leverkusen seiner Abwehrtätigkeit hochkonzentriert nachgehen zu können. Weil Benjamin Pavard noch gesperrt ist, wird er in der Abwehrkette benötigt.

Bayer-Elf im Aufwind

Eines scheint gewiss: In der mit 30 000 Zuschauern ausverkauften BayArena sind die Bayern gegen eine Bayer-Elf im Aufwind (fünf Siege am Stück) auf Topniveau gefordert. «Wir stellen an uns den Anspruch, gegen Topteams bestehen zu können», sagte Bayer-Coach Gerardo Seoane am Freitag. Die Bayern wiederum wollen beweisen, dass das 1:2 gegen Frankfurt vor der Länderspielpause nur «ein Ausrutscher» war, wie Sportvorstand Hasan Salihamidzic die erste Niederlage einordnete.

Die Bayern lieben bekanntlich Druck-Momente. Sie verloren keines ihrer letzten 15 Bundesligaspiele, in denen der Erste auf den Zweiten traf (elf Siege, vier Remis). «Derjenige, der die Regie gemacht hat im Spielplan, hätte es nicht besser machen können. Das wird ein tolles Spiel», sagte Präsident Herbert Hainer voller Vorfreude.

Nagelsmann attestiert Vizekusen, «einen guten Geist entwickelt» zu haben. Eine ganz neue Erfolgsmentalität womöglich? Die Münchner sind dafür bekannt. Nationalspieler Leon Goretzka erwähnte extra einen Fakt, der einschüchtern soll: «Nach der letzten Länderspielpause hatten wir direkt Leipzig.» Die Bayern gewannen dort mit 4:1. Und Leverkusen verlor parallel sein Topspiel mit 3:4 gegen Dortmund. Seitdem aber hat Leverkusen fünf Ligaspiele am Stück gewonnen.

Goretzka kündigte auch an, dass sich die Bayern «wieder von einer anderen Seite präsentieren» würden als gegen Frankfurt. «Leverkusen hat eine gute Mannschaft», sagte der Bayern-Profi aber auch.

Das spannende Team des spannenden Trainers Seoane mit dem spannenden Ausnahmetalent Florian Wirtz (18) kann nun beweisen, wie gereift es tatsächlich aktuell schon ist. «Wir sind als Mannschaft gewachsen und erwachsen geworden», verkündete Abwehrhüne Jonathan Tah forsch. Der aus der Schweiz importierte Seoane (42) ist gespannt: «Wir wissen, dass wir gegen die beste Mannschaft in Deutschland spielen.»

Zwei Youngster im Fokus

Im Blickpunkt stehen zwei Jung-Nationalspieler, Leverkusens Florian Wirtz (18) und Bayerns Jamal Musiala (18). Nagelsmann bescheinigte beiden Ausnahmetalenten «Bolzplatzmentalität». Musiala dürfte aber zunächst auf der Bank sitzen. «Jamal ist ein sehr guter Joker», bemerkte sein Trainer vielsagend. Wirtz ist in der Bayer-Elf dagegen schon ein unverzichtbarer Erfolgsfaktor. Vier Treffer und fünf Torvorlagen weist der 18-Jährige in dieser Saison auf. Seoane attestiert Wirtz und Musiala «hohes Offensiv-Potenzial». Beide seien «technisch sehr begabt» und darüber hinaus «torgefährlich».

Wenn zwei sich streiten – gemeint sind dabei nicht nur Wirtz und Musiala -, könnte es am 8. Spieltag auch einen lachenden Dritten geben: Borussia Dortmund. Der BVB kann am Samstag mit einem Heimsieg gegen Mainz mit 18 Punkten auf Platz eins springen und würde bei einem Unentschieden zwischen Bayer und Bayern oben bleiben. Ein Szenario, das der Bundesliga viel Spannung einhauchen würde.

Von Klaus Bergmann und Heinz Büse, dpa