Kühlung ist wichtig in der Hitze Tokios, das wissen die Beachvolleyball-Vizeweltmeister Julius Thole und Clemens Wickler selbstverständlich.
Fast schon liebevoll schüttet Wickler seinem Partner nach dem Training bei 42 Grad in der prallen Sonne die Wasserreste aus dem Kühlbeutel in den Nacken und steht wenig später mit einem im Eiswasser gebadeten Handtuch auf den Schultern im Sand. Beiden läuft der Schweiß über jedes Stück Haut nach der Einheit im Shikaze Park am Hafen der Metropole. Die Treppenstufen sind barfuß fast zu heiß zum Drüberlaufen.
Wickler setzt auf Entertainment
So sehr sich der 26 Jahre alte Abwehrspezialist Wickler um den Temperaturausgleich aber auch kümmert, bei der Ausstattung im olympischen Dorf war ihm dann doch Entertainment wichtiger. Nach offenbar intensiven teaminternen Debatten gab es als Zusatzausstattung für ihr Zimmer keinen Kühlschrank, sondern einen Fernseher.
Schließlich ist das einzige deutsche Herren-Duo im besten Fall bis zum Finale am 7. August aktiv. Und Abwechslung ist wegen der Corona-Regeln Mangelware – und deswegen muss Thole im Athleten-Quartier nun für die gekühlten Getränke immer die zwei Stockwerke zu den Trainern überwinden. «Es ist wie gewünscht», sagt Wickler. Sein Grinsen unter der Schutzmaske ist zu erahnen: «Gewünscht war der Fernseher.» Geplant sind Konsolen-Duelle mit Freunden in der Heimat.
Schwierige Vorbereitung
Weniger gewünscht als erhofft verlief für die beiden in Hamburg trainierenden Sportler dagegen die Vorbereitung auf das wichtigste Turnier ihrer Karriere. Der Kindheitstraum Olympia hat sich erfüllt, doch Verletzungen und die Umstände der Corona-Pandemie haben für schwierige Monate gesorgt.
Erst hatte Wickler eine Blinddarm-OP, dann Thole einen Bänderriss im Fuß. Beide waren so jeweils gut einen Monat raus. Seit dem zweiten Platz beim Turnier in Rom im September 2019 gab es keinen Podestplatz mehr für das Duo, das bei der WM in Hamburg zwei Monate zuvor unerwartet bis ins Finale gekommen war und erst dort gegen die Russen Oleg Stojanowski und Wjatscheslaw Krassilnikow verloren hatte.
«Wir wissen, dass wir extrem wenig zusammengespielt haben, hätten es uns anders erwünscht», sagt Abwehrspezialist Wickler. Unter Druck fühlen sich beide aber nicht in Tokio. «Wir sind uns bewusst, dass wir zu dem Kreis dazugehören, dass wir alle schlagen können, andererseits können wir auch geschlagen werden. Das lässt mich befreit aufspielen.» Und es sei ja auch so: «Die Hierarchie in der Weltspitze vor Corona wurde ein bisschen durcheinandergerüttelt. Auch die Russen und die Norweger waren in dieser Saison nicht so dominant.»
18 bis 20 Duos der 24 teilnehmenden Teams haben nach Einschätzung der einzigen deutschen Mannschaft bei den Herren die Fähigkeiten, eine Medaille zu gewinnen. Wo sie mit ihrer derzeitigen Form stehen, finden Thole/Wickler gleich zum Start in ihre Vierergruppe heraus. Sie ist wie für die beiden Damen-Duos Laura Ludwig/Margareta Kozuch und Julia Sude/Karla Borger anspruchsvoll. Am Sonntag (13.00 Uhr MESZ) geht es gegen Paolo Nicolai und Daniele Lupo. Die Italiener holten in Rio vor fünf Jahren die Silbermedaille. Wenn das gut geht, gibt es zur Feier sicher ein kühles Getränk im olympischen Dorf – das womöglich dann von Wickler geholt werden muss.