Bennett verdirbt deutsche Party bei Eschborn-Frankfurt

Nils Politt strahlte wie ein Gewinner, dann herzte er im Zielbereich seinen triumphierenden Teamkollegen Sam Bennett.

Der irische Topsprinter hat die deutsche Radsport-Party beim Klassiker Eschborn-Frankfurt verdorben, mit seinem Erfolg aber immerhin den deutschen Rennstall Bora-hansgrohe jubeln lassen.

Bester Deutscher wurde Phil Bauhaus, der im Massensprint an der Alten Oper in Frankfurt am Main Vierter wurde. John Degenkolb musste sich klar geschlagen geben. «Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Ich habe mein Bestes gegeben. Der Rennverlauf war nicht so, dass er mir extrem in die Karten gespielt hat», sagte «Dege». «Ich habe es trotzdem total genossen, es war ein schöner 1. Mai.»

Sprinter machen Sieg unter sich aus

Der Vorjahreszweite und Lokalmatador stellte fest, dass es zu viele Fahrer mit auf die letzte Runde geschafft haben. «Am Ende hatte ich keine Chance mehr», räumte der 33 Jahre alte Degenkolb nach den 183,9 harten Kilometern ehrlich ein. Stattdessen gehörte die Bühne den Topsprintern Bennett, Fernando Gaviria aus Kolumbien sowie Alexander Kristoff aus Norwegen. «Ich hatte richtig gute Beine. Der Dank geht an das Team, das mich die letzten Monate unterstützt hat. Es ist fantastisch, diesen Sieg für ein deutsches Team einzufahren», sagte Bennett.

Für den zweimaligen Tour-de-France-Etappensieger war es endlich der erste Erfolg in dieser Saison. «Ich glaube, dass ihm ein ganzer Sack voller Steine vom Herzen fällt», sagte Ex-Sprinter Marcel Kittel über Bennett, den sein Teamchef Ralph Denk zuvor trotz des schwachen Frühjahrs als Favorit und Sieger prognostiziert hatte.

«Es wird traditionell ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen Sprintern und Bergfahrern, die ihr Glück in der Flucht im Taunus suchen», hatte Denk zudem vorhergesagt. So lief es auch in den Vorjahren, doch die Sprinter und ihre Teams hatten sich jahrelang immer durchgesetzt. Das bekannte Szenario wiederholte sich auch 2022 – auf dem fordernden, aber nicht zu harten Kurs. Auch diesmal gab es mutige und tapfere Ausreißergruppen, deren Attacken nicht von Erfolg gekrönt waren.

Ackermann bisher letzter deutscher Sieger

Das traditionsreiche Rennen fand erstmals seit drei Jahren wieder am Stammtermin am 1. Mai statt. 2020 sorgte die Corona-Pandemie für eine Absage und ein virtuelles Ersatzevent. 2021 folgte dann eine coronabedingte Verschiebung in den Herbst, damals wurde das Rennen als WM-Generalprobe ausgetragen. Sprinter Pascal Ackermann, 2019 der bisher letzte deutsche Sieger, fehlte diesmal wegen einer Fraktur am Steißbein. Andere deutsche Top-Profis waren nicht dabei, weil sie sich schon auf den Giro d’Italia mit Start am 6. Mai in Budapest vorbereiten.

Stimmungsmäßig lief es wie früher. Zehntausende Fans säumten die Straßen im Taunus, an den Anstiegen wie am Feldberg und vor allem quer durch die Metropole am Main, die das Radsport-Spektakel am 1. Mai bereits gewohnt ist. Ganz besonders bemerkbar machten sich diesmal Fans aus Eritrea, die Gent-Wevelgem-Sensationssieger Biniam Girmay mit Gesängen, Fahnen und Trommeln lautstark feierten – und das schon bevor es in Eschborn am Mittag überhaupt losging.

Lisa Brennauer für Frauenrennen

Ob es in Zukunft beim aktuellen Klassikerprogramm in Frankfurt bleibt, ist nicht absehbar. Rad-Olympiasiegerin Lisa Brennauer hatte während der Übertragung im Hessischen Rundfunk ihren Wunsch nach einem Rennen für Frauen geäußert. «Das wäre natürlich der Wahnsinn. Früher gab es hier ja ein Frauen-Rennen. Vielleicht ist es nur eine Frage der Zeit. Es würde mich sehr, sehr freuen, auch in Deutschland wieder ein ganz großes Event im Frauen-Radsport zu sehen», sagte Brennauer.

Von Patrick Reichardt, dpa