Bibiane Schulze Solano: Aus dem Land der Weltmeisterinnen

Kaum war ihr erstes Länderspiel für die deutschen Fußballerinnen beendet, flossen bei Bibiane Schulze Solano die Tränen. Schuld war ihre aus dem Baskenland stammende Mutter, die habe sie vor lauter Glück zum Weinen gebracht, erzählte die Spielerin mit der doppelten Staatsbürgerschaft nach dem 3:2 in Österreich.

«Die freut sich auf jeden Fall mega für mich», sagte Schulze Solano. Noch größer könnte die Freude an diesem Dienstag werden. In Aachen winkt der Innenverteidigerin mit dem ungewöhnlichen Karriereweg im zweiten Spiel der EM-Qualifikation gegen Island (18.10 Uhr/ZDF) sogar die Startelf. «Bibi ist sicherlich ein Faktor», sagte Interims-Bundestrainer Horst Hrubesch.

DFB profitiert von verhindertem Einsatz für Spanien

Vor allem ist Schulze Solano ein überraschender Faktor. 2019 vom 1. FFC Frankfurt zu Athletic Bilbao gewechselt, geriet die 25-Jährige auch deshalb aus dem Blickfeld des DFB, weil sie Anfang 2023 für die Auswahl der späteren Weltmeisterinnen aus Spanien nominiert wurde. Wegen einer Verletzung kam sie aber nicht zum Einsatz. Danach klappte es mit einer Nominierung für Spanien nicht mehr, wovon nun der DFB profitiert. 

«Sie hat genauso angefangen, wie ich es mir gedacht hatte. Sie hat eine Ruhe am Ball, die Bälle kommen an», lobte Hrubesch nach dem Österreich-Spiel die zur Pause eingewechselte Defensivspezialistin. «Sie musste gleich von null auf hundert da sein, das hat sie eigentlich sehr ordentlich gemacht.»

Auch ihre neuen Mitspielerinnen waren angetan. «Ich kann nur sagen, dass ich mich sehr wohlgefühlt habe an der Seite von Bibi. Sie hat ein sehr starkes Spiel gemacht. Sie hat einfach so den spanischen Fußball in sich, das hat man schnell gesehen», meinte Abwehrkollegin Kathrin Hendrich. «Sie ist sehr lautstark, gibt gute Kommandos. Hat Sicherheit auch am Ball.» Offensivstar Klara Bühl fand: «Sie hat sehr viel Ruhe ins Spiel gebracht.»

Schulze Solano mit baskischen Wurzeln

Die Gelobte selbst war «auf jeden Fall zufrieden» mit ihrem Einstand, wohlgefühlt habe sie sich auf dem Platz trotz einer gewissen Anspannung vorab. Das erste Mal beim DFB «war auf jeden Fall aufregend», sagte Solano Schulze. «Ich war am Spieltag schon sehr nervös, obwohl ich nicht wusste, ob ich spielen werde oder nicht.»

Eine aufregende Sache war 2019 auch ihr Transfer von Frankfurt nach Bilbao. «Nicht baskisch genug für Athletic Bilbao?», fragte die «Frankfurter Allgemeine Zeitung», anspielend auf die politische Debatte, die der Wechsel der Spielerin mit hessisch-baskischen Wurzeln bei Athletic ausgelöst hatte. Zu den Besonderheiten, die der Club aus der nordspanischen Hafenstadt pflegt, zählt nun mal auch jene, dass eigentlich nur Spielerinnen für ihn auflaufen dürfen, die entweder im Baskenland geboren sind oder zumindest das Fußball-Abc dort erlernt haben.

Vertrag bei Bilbao bis 2025

Schulze Solano ist in Bad Soden am Taunus geboren, ihre Fußballkarriere startete beim 1. FFC Frankfurt. Nicht baskisch genug, meinten deshalb die Verfechter der Athletic-Lehre. Die Spielerin musste also ein paar mildernde Umstände ins Feld führen. Etwa einen in der baskischen Kleinstadt Lekeito ausgestellten Taufschein und Bilder aus Kindertagen, die sie im rot-weißen Bilbao-Trikot zeigen. Zudem halfen die Verwandtschaftsverhältnisse. Schon ihr Urgroßvater spielte, wie seine Brüder, für den so stolzen Club aus Bilbao. Am Ende gab es grünes Licht. «Ihre Kenntnisse, ihr Wille, für diese Mannschaft zu spielen, ihr Respekt gegenüber dem Verein und ihr Verständnis für die Vereinsphilosophie passen», erklärte der damalige Vereinspräsident Aitor Elizegi.

Inzwischen ist Schulze Solano beim Tabellensechsten der spanischen Liga fest etabliert, bis 2025 gilt ihr Vertrag. «Stand jetzt» gebe es keine Option zu wechseln, in der nächsten Saison wolle sie mit Bilbao die Champions-League-Plätze ins Visier nehmen. Es reicht ja auch, das Nationalteam gewechselt zu haben, wird sich Schulze Solano vielleicht denken. «Es war ein langer Weg», sagte sie, «jetzt freue ich mich auf jeden Fall auf Aachen, auf die Heimkulisse.»

Ulrike John und David Joram, dpa