Luis Enrique musste sich erstmal nach dem Wochentag erkundigen. Dieser Mittwochabend in Sevilla dürfte dem spanischen Nationaltrainer aber noch länger in Erinnerung bleiben. Geschafft, wäre ein Attribut, das bestens zutrifft.
Seine Mannschaft hat gezeigt, was in ihr stecken kann. Fünf Tore, der höchste Sieg bei einer EM-Endrunde einer «Furia Roja». Der höchste Sieg in der Gruppenphase der gesamten aktuellen Fußball-Europameisterschaft. Auf der Rückreise nach Madrid ins EM-Camp wollte sich auch Luis Enrique ein Bier gönnen.
CAVA STATT BIER
Das mit dem Bier nach dem Spiel ist die eine Sache, mit Blick auf das nun bevorstehende Achtelfinale am kommenden Montag in Kopenhagen bemühte Luis Enrique aber ein anderes Getränk. «Wir haben die Flasche Cava aufgemacht. Nun ist es Zeit, die nächste zu öffnen», sagte der 51-Jährige nach der berauschenden Leistung gegen in diesem Spiel allerdings auch wenig EM-taugliche Slowaken.
Der Hintergrund für die Metapher mit der Schaumweinvariante: Nach den beiden Remis gegen Schweden und Polen (0:0 und 1:1) mit nur einem Treffer, aber auch einem verschossenen Foulelfmeter hatte Luis Enrique betont, dass es bei ihnen einen so wie bei einem Cava: Wenn die Flasche mal geöffnet sei, würde es sprudeln. Und das tat es gegen die Slowaken, deren Trainer Stefan Tarkovic sich sogar genötigt sah, sich bei den eigenen Fans zu entschuldigen.
DIE ERLEICHTERUNG
Faktisch bescherte der erste Drei-Punkte-Erfolg den Spaniern bei diesem Turnier den Einzug als Zweiter der Gruppe E ins Achtelfinale. Doch die Strahlkraft nach außen und in der Mannschaft ist viel größer. Sie wissen, sie können es. Wieder hatten sie deutlich mehr Ballbesitz als der Gegner, wieder spielten sie deutlich mehr Pässe. Luis Enrique wechselte zwar sein Personal auf vier von elf Positionen, das System aber blieb gleich.
Eine «Erleichterung» sei es, sagte der 51-Jährige nach dem Spiel im Estadio La Cartuja. «Und eine Befreiung, weil wir dieses Resultat durch die Art erzielt haben, wie wir Fußball spielen.» Genau das war schon angezweifelt worden, ebenso wie Luis Enriques Zukunft als Nationalcoach.
DAS VORLÄUFIGE ENDE DER ENTFREMDUNG
Es gab viele Diskussionen und Schlagzeilen. Die Fans wenden sich ab. Umso mehr betonten alle Spanier unisono nach dem Spiel, wie glücklich sie sind, den Fans eine Freude bereitet zu haben. Diese hatten von Beginn an die Mannschaft unterstützt und allein mit den sicher nicht unbedingt höflichen Pfiffen gegen die Slowaken beim Einlaufen der Mannschaft eine Atmosphäre der Entschlossenheit geschaffen. Die spanischen Spieler setzten es um, nicht mal der verschossene Elfmeter von Alvaro Morata, der bei seiner Auswechslung lautstark beklatscht wurde, konnte die Stimmung nachhaltig trüben.
DER GUTE BEKANNTE BEIM KOMMENDEN GEGNER
Seit 2012 verdient Luka Modric sein Geld in Spanien, eine Ikone bei Real Madrid, Weltfußballer 2018. Garant des Einzugs der Kroaten in die K.o.-Runde. Und nun der Gegner der Spanier. «Ihn fehlen ein paar Spieler, aber sie haben ein paar sehr gute junge Akteure. Und ihren Kapitän kennen wir natürlich sehr gut, er ist ein Topspieler», sagte Spaniens Spielführer Sergio Busquets, der wiederum seit 2008 für Reals Erzrivalen FC Barcelona spielt und nach seiner Corona-Infektion ein wichtiger Part bei der rechtzeitigen Rückkehr der Spanier zur Fußball-Fiesta war.