Der deutsche Frauen-Handball ist zurück auf Europas schillerndster Bühne. Und die SG BBM Bietigheim gehört zu den vier Hauptdarstellern.
Als erstes deutsches Team stehen die Schwäbinnen im Final Four der prestigeträchtigen Champions League und können am Wochenende ihre ohnehin schon historische Saison in der Königsklasse krönen. Der Titel für den deutschen Meister wäre zwar ein Handball-Wunder, aber der bisherige Erfolg weckt Lust auf mehr.
Wenn die Bietigheimerinnen in Budapest über sich hinauswachsen wollen, fiebert auch Bundestrainer Markus Gaugisch auf der Tribüne mit. «Sie müssen keine Angst haben vor den Aufgaben. Verlieren können sie nichts mehr, aber sehr, sehr viel gewinnen», schickte der 50-Jährige als Botschaft an seinen Ex-Verein. Die Schwäbinnen träumen vom ersten deutschen Titel im wichtigsten Europacup seit dem Triumph des TV Lützellinden im Europapokal der Landesmeister 1991.
Das Team um die Nationalspielerinnen Xenia Smits, Antje Döll und Jenny Behrend trifft im Halbfinale am Samstag auf die Mannschaft aus Metz mit Deutschlands Co-Kapitänin Alina Grijseels. Im Finale würden dann Team Esbjerg aus Dänemark oder Györi ETO KC aus Ungarn warten. «Dass wir beim Final4 der Champions League in Budapest vier deutsche Handball-Nationalspielerinnen erleben werden, ist ein Gütesiegel auch für den deutschen Frauen-Handball», sagte DHB-Präsident Andreas Michelmann der Deutschen Presse-Agentur.
Reform in der Frauen-Bundesliga
Der deutsche Frauenhandball entwickelt sich. Zugegebenermaßen langsam, aber er entwickelt sich – sowohl über die Nationalmannschaft, die erstmals seit 2008 wieder an den Olympischen Spielen teilnimmt, als auch über die Bundesliga und ihre Vereine. «Wir glauben an das sportliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Potenzial des Frauenhandballs. Um dieses zu entwickeln, müssen wir das Niveau auf allen Ebenen heben: im Spitzensport, in der Talent-Entwicklung, in der Präsentation und in der gesamten Wahrnehmung unserer Frauen», sagte Michelmann.
Die Entwicklung von Top-Talenten will der DHB künftig über zentrale Stützpunkte optimieren. Dies soll so schnell wie möglich zunächst in Stuttgart und Leipzig geschehen. Außerdem soll die Handball-Bundesliga der Frauen ab kommender Saison mit der Reduzierung von 14 auf 12 Teams und der Wiedereinführung von Playoffs weiter professionalisiert werden. «Zudem wird für die weibliche A- und B-Jugend eine Bundesliga eingeführt. Aber die Effekte dieser Maßnahmen werden wir wahrscheinlich erst frühestens zum Ende dieses Jahrzehnts spüren», prognostizierte Michelmann.
«Alle profitieren»
An den Erfolg der Pläne glauben auf Vereinsebene nicht alle. «Wir haben Standorte, die sich schon seit Jahren für den Jugendhandball interessieren und junge Spielerinnen fördern. Für die muss es wirklich ein Schlag ins Gesicht sein. Immer wenn der DHB etwas für den Frauenhandball tun will, habe ich das Gefühl, das Auge Mordors würde sich auf uns richten», hatte Trainerin Bettina Grenz-Klein von Zweitligist TuS Lintfort zu Jahresbeginn der ARD gesagt.
Mit diesen Nebenschauplätzen muss sich Bietigheim in dieser Woche nicht beschäftigen. Der volle Fokus gilt der Champions League. Gaugisch wertet den Erfolgslauf als wichtiges Signal an die Jugend. «Dass der Nachwuchs jetzt mal sieht, es ist erreichbar. Natürlich musst du sehr viel investieren. Aber es ist ein Ziel, dort zu spielen, und du kannst das auch als deutsche Spielerin bis dorthin schaffen», sagte Gaugisch. Die Bundesliga werde international wieder wahrgenommen. «Alle profitieren», befand der Nationalcoach.