Brisantes Derby für Bochum-Coach Reis auf Schalke

Mitten in turbulenten Tagen und vor dem brisanten Derby beim FC Schalke 04 gab Thomas Reis Einblicke in seine Gefühlswelt.

«Man ist ja auch nur ein Mensch: Das, was in der letzten Woche auf einen eingeprallt ist, ist natürlich nicht schön», sagte der Trainer des VfL Bochum mit Blick auf Spekulationen über seine Zukunft. «Mir ist es schon ein bisschen nahe gegangen.» Als Tabellenletzter mit null Punkten treten die Bochumer auf Schalke an. Auch der Aufsteiger aus Gelsenkirchen wartet noch auf den ersten Saisonsieg in der Fußball-Bundesliga. Die Partie birgt aus mehreren Gründen spezielle Brisanz – und zwar für beide Clubs.

Ausgerechnet mit Schalke soll Reis nach seiner erfolgreichen Saison und dem souveränen VfL-Klassenerhalt im Sommer über einen Job verhandelt haben. Der 48-Jährige bestritt dies zuletzt und will sich zu der Thematik nicht mehr äußern. Fakt ist: Sein Kontrakt in Bochum läuft 2023 aus, die Vertragsgespräche ruhen. Nicht wenige im Umfeld des VfL gehen davon aus, dass es für Reis bei einer Niederlage auf Schalke richtig eng wird.

Für Reis kein «Schicksalsspiel»

Reis selbst macht sich darüber nach eigenen Angaben keine Gedanken. «Zum Ersten ist noch keine Niederlage eingetreten. Zum Zweiten haben wir ganz deutlich gesagt, wie der weitere Ablauf ist: Dass wir uns im November zusammensetzen.» In der WM-Pause soll es um eine Vertragsverlängerung gehen. Dass die Partie ein «Schicksalsspiel» sein soll, sei nicht vom Verein gekommen, sagte Reis.

Ein öffentliches Ultimatum nach dem Motto siegen oder fliegen gibt es für ihn tatsächlich nicht – eine Jobgarantie allerdings auch nicht. «Wir bewegen uns im Leistungssport, da sind Ergebnisse eine wichtige Zutat», sagte der neue Sportchef Patrick Fabian den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. «Wir sind allerdings nicht so weit, ausschließlich davon irgendwelche Entscheidungen abhängig zu machen.» Man werde die Leistung abwarten und dann «weitersehen».

Fabian, der seinen Posten erst vor gut einer Woche angetreten hatte, hätte sich einen leichteren Auftakt in den neuen Job vorstellen können. «Es war natürlich direkt ein Hochdruckstart, das kann man nicht wegdiskutieren», sagte der 34-Jährige, der selbst noch unter Reis gespielt hat und nun sein Chef ist. «Wir haben keine Punkte, dazu viele Nebengeräusche.»

Angespannte Lage in Bochum

Wie angespannt die Situation rund um das Ruhrstadion ist, zeigte sich unter der Woche auch im Training. Torwart Manuel Riemann geriet mit Offensivspieler Gerrit Holtmann aneinander, leistete sich eine verbale Entgleisung und bat anschließend dafür um Entschuldigung. Reis deutete den Tumult als Zeichen, «dass die Truppe lebt».

Nicht ganz so vertrackt, aber ebenfalls nicht ohne sportliches Gefahrenpotenzial ist die Lage auf Schalke. Dort wird Trainer Frank Kramer von vielen Fans schon seit seiner Verpflichtung kritisch beäugt. Dass nun vor dem Derby-Doppel gegen Bochum (Samstag, 18.30 Uhr/Sky) und sieben Tage später bei Borussia Dortmund lediglich drei Punkte auf dem S04-Konto stehen, trägt nicht zur Beruhigung der Skeptiker bei. Die Verantwortlichen wissen, dass die Anhänger einen Sieg gegen Bochum erwarten.

Sportdirektor Rouven Schröder gibt sich allerdings entspannt. «Was von außen kommt, das können wir nicht beeinflussen», sagte der frühere Bochum-Spieler und -Mitarbeiter in verschiedenen Funktionen. «Die Zeit ist schnelllebiger geworden und damit müssen wir umgehen.» Bei den Verantwortlichen steht Kramer bislang nicht zur Debatte. Dennoch sagte Schröder mit einem Augenzwinkern: «Meine Frau drückt auch schon die Daumen, dass Samstagabend das Spiel gewonnen wird, damit die Laune besser wird.»

Von Thomas Eßer, dpa