BVB und Union fordern Bayern im Titel-Dreikampf

Marco Reus will mit dem BVB ein Weilchen «auf dieser Welle tanzen», spuckt aber keine großen Töne. Robin Knoche vom ewigen Underdog Union Berlin blickte gefragt nach dem packenden Titelrennen sogar eher gequält drein.

Und vom FC Bayern war nach dem 21. Spieltag ausnahmsweise mal gar nichts zu hören. Drei Teams zu diesem Saisonzeitpunkt in der Bundesliga mit 43 Punkten gleichauf: Das gab es in dieser Form noch nie. Das letzte Saison-Drittel verspricht, endlich mal wieder zum Fußball-Krimi zu werden. Zumal im SC Freiburg (40 Punkte), RB Leipzig (39) und Eintracht Frankfurt (38) ein anderes Trio noch in Schlagdistanz dahinter liegt.

BVB will «nicht schwächeln»

Am Drehbuch schreiben alle Kandidaten auf ihre Weise. Während der FC Bayern mit eigenen Befindlichkeiten und primär denen seines Trainers Julian Nagelsmann beschäftigt ist, spielen die nach dem 21. Spieltag punktgleichen Verfolger von Borussia Dortmund und Union Berlin den historisch spannenden Dreikampf um die Meisterschale herunter. «Das ist gar nicht unser Thema. Wir wollen nicht schwächeln», meinte BVB-Coach Edin Terzic nach dem sechsten Liga-Sieg im sechsten Spiel in diesem Jahr. Kampfansagen klingen anders. 

Sehr ähnlich hört sich das in Berlin-Köpenick an, wo man sich grundsätzlich als notorischer Außenseiter gibt. «Das ist bei uns kein Thema», stellte Unions Abwehrchef Knoche kategorisch fest. Bei einer Teamsitzung haben sich die Eisernen gerade erst mit ihrem Trainer Urs Fischer auf die Qualifikation für den Europacup als Saisonziel geeinigt – als offizielle Sprachregelung. 

Da sein, wenn die Bayern schwächeln. Das war das Mantra der seit einem Jahrzehnt von den Münchnern mal deutlich und mal sehr deutlich distanzierten Konkurrenz. Jetzt schwächeln die Bayern, die Konkurrenz ist da, wagt sich aber verbal nicht aus der Ecke. «Es geht nicht darum, für die Medien und die Öffentlichkeit ein Ziel zu kommunizieren. In erster Linie machen wir das schon für uns», sagte Union-Coach Fischer. 

Fischer entspannt – Nagelsmann dünnhäutig

Der Schweizer hat gut reden. Während er auch nach dem 0:0-Dämpfer gegen Schalke 04 am Montag ganz entspannt mit der nach Berlin angereisten Familie seinen 57. Geburtstag feiern konnte, täte seinem Münchner Kollegen Nagelsmann eine innere Klausur zum Thema Impulskontrolle ganz gut. Im Schiri-Zoff mit Referee Tobials Welz («Weichgespültes Pack») hat sich der Bayern-Coach nicht zum ersten Mal als dünnhäutig entlarvt. Mia san mia mal ganz anders.

Souveräner kommt die Konkurrenz aus Preußen und Westfalen daher. Die «Bild»-Zeitung füllte die bajuwarische Sendepause mit der Nachricht, dass den Münchner Profis durch die 2:3-Niederlage in Mönchengladbach ein von Nagelsmann angedachter freier Dienstag durch die Lappen ging. Wie ärgerlich für das Starensemble. Manuel-Neuer-Debatte, die Thomas-Müller-Rolle – die Münchner pulverisieren ihre Kräfte ohnehin in Neben-Schauplätzen. 

«Entscheidend ist, dass wir nach dem Spiel am nächsten Sonntag vorne stehen», analysierte Joshua Kimmich die Lage der eingeholten Bayern, die nur dank ihrer Tordifferenz von +40 im Vergleich zum BVB (+17) und Union (+11) noch vorne sind. 

1970 waren schon einmal – noch mit der Zwei-Punkte-Regel – drei Teams, der spätere Meister Borussia Mönchengladbach, der 1. FC Köln und Hertha BSC, nach 21 Spielen punktgleich. Der Vergleich jedoch hinkt – durch Nachholspiele hatten nicht alle drei Clubs zum gleichen Zeitpunkt den identischen Zählerstand.

Dortmund legt gegen Hoffenheim vor

Dortmund kann am Samstag (15.30 Uhr/Sky) mit einem Sieg gegen die TSG Hoffenheim vorlegen und vorbeiziehen. Der Spielplan hat mit dem direkten Duell der Bayern gegen Union am Sonntag (17.30/DAZN) ein dramaturgisches Amuse-Gueule parat. Nervosität bei den Berlinern? Zeigen sie zumindest nicht. 

«So wie jedes andere Spiel auch. Wir versuchen unsere Tugenden auf den Platz zu bringen und versuchen, auch da etwas mitzunehmen», sagte Knoche, der genauso unaufgeregt spricht, wie er verteidigt. «Irgendwie werden wir es schon hinbekommen.» Vor dem Bayern-Gipfel geht es für die Eisernen ohnehin noch gegen Ajax Amsterdam am Donnerstag (21.00 Uhr/RTL) um den für den Club historischen Einzug ins Achtelfinale der Europa League. 

«Wir haben alle Lust auf Titel und spielen deshalb auch Fußball», meinte Reus. Am Ende – sprich am 27. Mai – werde man «sehen, was dabei herauskommt», sagte der Dortmunder Kapitän zur Aussicht auf die erste Meisterschale seit 2012. Beim BVB wissen sie, dass sogar ein klarer Vorsprung auf die Bayern im Frühjahr noch keine Garantie für Meisterehren im Mai ist. 2019 lag man zum gleichen Zeitpunkt fünf Zähler vorne und gewann nichts. Wieso also bei Punktgleichheit in Euphorie verfallen?

Die Münchner haben zudem den Vorteil, die Konkurrenz noch in der Allianz Arena zu empfangen. Der BVB muss Anfang April nach München, spielt dafür eine Woche später daheim gegen Union. Danach wird man schon schlauer sein. Auch die Leipziger müssen noch nach Bayern reisen, am vorletzten Spieltag. Nicht auszuschließen, dass die Sachsen im Titel-Dreikampf am Ende noch lachender Vierter sein könnten. Nur reden tun sie in Leipzig darüber (noch) nicht. 

Arne Richter, Thomas Eßer und Martin Moravec, dpa