Die Hoffnungen der deutschen Tennis-Herren auf einen denkwürdigen Finaleinzug im Davis Cup und die erste Titelchance seit 28 Jahren waren schnell dahin.
Nach nicht einmal zwei Stunden Tennis musste die Auswahl von Teamchef Michael Kohlmann die Dominanz des russischen Teams im Halbfinale anerkennen und hatte den erhofften Coup bereits klar verpasst.
Dominik Koepfer blieb in Madrid beim 4:6, 0:6 gegen den Weltranglisten-Fünften Andrej Rubljow chancenlos. Auch Jan-Lennard Struff schaffte beim 4:6, 4:6 gegen US-Open-Sieger Daniil Medwedew trotz einer guten Leistung keine Überraschung.
Struff: «Sehr traurig»
«Wir hatten uns vorgenommen, die Russen zu schlagen, auch wenn es eine schwere Aufgabe war. Das ist nicht geglückt, deswegen sind wir sehr traurig», bilanzierte Struff bei ServusTV: «Aber dass wir das erste Halbfinale fürs deutsche Tennis seit 2007 erreicht haben, ist natürlich super.»
Nach den zwei Niederlagen im Einzel kam es in der ersten deutschen Vorschlussrunden-Begegnung seit 14 Jahren nicht mehr zur erhofften Entscheidung im Doppel. Dass Kevin Krawietz und Tim Pütz zum Abschluss dank des 4:6, 6:3, 6:4 gegen Aslan Karazew und den Olympia-Finalisten Karen Chatschanow ihre perfekte Davis-Cup-Bilanz aufrecht hielten, war bedeutungslos. Das Duo verkürzte nur noch zum 1:2. Die Russen kämpfen am Sonntag (16.00 Uhr) im Endspiel gegen Kroatien um den Davis-Cup-Titel.
Angesichts der Klasse des Kontrahenten, der zwei Top-Fünf-Spieler in seinen Reihen hat, hätten die Deutschen ATP-Finals-Sieger Alexander Zverev gebraucht, um erstmals seit 1993 wieder ins Endspiel einziehen zu können. Aber auch ohne den Olympiasieger hatte das verschworene Team vor dem Umzug nach Madrid mit drei Siegen in Innsbruck verblüfft.
Mit der Trophäe vor Augen in der Madrid Arena blieb der vierte Davis-Cup-Titel seit 1988, 1989 und 1993 dann aber ein Traum. «Das Halbfinale ist schon ein großer Erfolg für uns», sagte Koepfer: «Hoffentlich können wir in den nächsten Jahren Zverev dazu bekommen, dass er mitspielt, und wir haben eine echte Chance, das Finale und den Davis Cup zu gewinnen.»
Höchststrafe für Koepfer
Koepfer verbrachte nur 49 Minuten auf dem Centre Court und musste sich im Match gegen den Weltranglisten-Fünften Rubljow im zweiten Satz mit der Tennis-Höchststrafe demütigen lassen. «Es war mit Abstand sein bestes Match hier in Madrid», würdigte die Nummer 54 der Welt die Leistung von Rubljow. «Das Problem war das dritte Spiel vom Match, da bin ich gebreakt worden, dann hat er befreit aufgespielt und vor allem mit seiner Vorhand raufgehämmert», erklärte Koepfer.
Struff spielte zwar im Spitzeneinzel gegen den Weltranglisten-Zweiten Medwedew couragiert und begann selbstbewusst, doch der Russe war zu stark. Ein schwächeres Aufschlagspiel zum 4:5 mit leichteren Fehlern machte die Hoffnung auf den Gewinn des ersten Satzes gegen den nahezu tadellos auftretenden russischen Favoriten zunichte. «Ich bin mit der Art und Weise, wie ich aufgetreten bin, zufrieden. Ich habe es ihm halt zweimal zu leicht gemacht», fasste Struff nach lediglich 66 Minuten Spielzeit zusammen: «Er hat eine brutale Klasse. Die zwei, drei Fehler, die ich pro Satz gemacht habe, waren einfach zu viel.»
Der Sauerländer hatte zuvor beim diesjährigen Davis-Cup-Endturnier bewiesen, dass er mit Druck umgehen kann und gegen Österreich in der Vorrunde und gegen Großbritannien im Viertelfinale einen Rückstand nach der Niederlage im ersten Einzel ausgeglichen. Diesmal hatte er beim Aufschlag von Medwedew nur beim 4:5 im zweiten Satz einen einzigen Breakball. Der Russe wehrte diesen mit einem starken Aufschlag ab und machte dann alles klar. Anschließend provozierte Medwedew das Publikum – und kassierte Pfiffe.
«Natürlich wären wir gerne ins Finale eingezogen, da müssen wir nicht drüber reden», sagte Struff, betonte aber mit Blick auf das gesamte Endrunden-Turnier: «Ich bin sehr stolz auf das Team.» Auch 1994, 1995 und 2007 war im Halbfinale des Davis Cup für die Deutschen jeweils gegen Russland Schluss gewesen.