Als Gabriel Clemens mal wieder mit einer hasserfüllten Nachricht kontaktiert wurde, entschied sich Deutschlands bester Darts-Profi zur Veröffentlichung.
Der Nutzer, der offensichtlich auf Clemens gewettet hatte, verglich den Saarländer mit Pizzaboten, Maurern und Krankenschwestern, die bei Verfehlung ihres Jobs danach entlassen würden. Bei Clemens gebe es solche Konsequenzen nicht, wenn er keine ansprechende Leistung zeige. Der 38-Jährige antwortete, er habe «einen Tipp für dich !!! Spare dein Geld lieber als zu wetten…zum Beispiel für ne Pizza».
Es ist ein humorvoller Umgang mit einem Thema, das Clemens durchaus zu schaffen macht. Im November ermahnte er die Menschen, die gerne mal böse Nachrichten an ihn adressieren, mit ernsten Worten: «Manchmal wäre es besser, man würde mal nachdenken, bevor man manche Sachen schreibt oder einfach mal darüber nachdenken, wie man sich selbst fühlen würde, wenn man bedroht wird oder Dir und deiner Familie schlimme Dinge gewünscht werde.» Clemens ist als Nummer eins in Darts-Deutschland in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt und wird nun häufiger so geschmäht wie sein Vorgänger Max Hopp.
Kurs auf die Top 20
Dabei läuft es sportlich ordentlich. Clemens hat im Jahr nach seinem spektakulären WM-Coup gegen Titelverteidiger Peter Wright alle wichtigen Turniere mitgespielt, er nimmt Kurs auf die Top 20. Allerdings zeigt er seine besten Leistungen oft bei eher kleineren Turnieren. «Er ist keine Rampensau. Er findet das nicht megageil, wenn er da auf der Bühne steht. Er tut sich etwas schwer auf der Bühne», sagte Experte Elmar Paulke der Deutschen Presse-Agentur.
Am Donnerstagabend (21.00 Uhr/Sport1 und DAZN) beginnt für Clemens nun die WM, das größte Turnier des Jahres. Das Auftaktspiel gegen Lewy Williams (Wales) sollte für den «German Giant» nur eine Pflichtaufgabe darstellen. Erst nach den Weihnachtsfeiertagen dürfte es dann richtig ernst werden: Clemens droht ein Drittrundenduell mit Jonny Clayton aus Wales, der in diesem Jahr die meisten Majors gewonnen hat. «Auslosungen kann man eh nie beeinflussen. Man muss es nehmen, wie es kommt», kommentierte Clemens gewohnt lakonisch.
Der Industriemechaniker aus dem Saarland nimmt seine Rolle als Deutschlands Hoffnungsträger anders wahr als sein Vorgänger Hopp. Clemens mag keine lauten und forschen Ansagen, Interviews sind für ihn meist nur Pflichterfüllung. «Grundsätzlich bin ich sehr zufrieden mit meiner Entwicklung. Der Weg geht weiter Schritt für Schritt nach oben, ich bin jetzt ein gutes Jahr konstant in den Top 32 und habe meine Position gefestigt», sagte Clemens bei Spox. Wenn er über den nächsten Schritt spricht, geht es nicht um große Siege oder die Top Ten, sondern darum, diesen Status erst einmal zu festigen.
Hassnachrichten
Der öffentliche Hass trifft Clemens trotzdem hart. «Es geht vor allem in die Richtung, dass meiner Familie und mir Krebs oder andere Krankheiten gewünscht werden. Gerade wenn es gegen die Familie geht, hört für mich der Spaß auf», schilderte Clemens. Offenbar gibt es noch immer viele Personen, die den Durchbruch der deutschen Darts-Spieler so sehr herbeisehnen, dass sie dafür einzelne persönlich verantwortlich machen müssen.
«Das macht einen fassungslos und traurig, zumal das ja leider heutzutage wohl in jeder Sportart vorkommt», sagte Clemens. Im vergangenen Jahr hat er auch das andere Extrem kennengelernt: nach dem Coup gegen den Schotten Wright wurde er medial und in den sozialen Netzwerken massiv gefeiert. Selbst Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) gratulierte damals zu «einem historischen Sieg».