Corona erschwert Paralympics-Vorbereitung

Trainiert haben sie auf Feldwegen oder in eiligst eingerichteten Fitnessräumen zu Hause. Mental bereiteten sich die Sportler fast zwei Jahre auf einen Höhepunkt vor, von dem sie nie wussten, ob er überhaupt stattfinden würde.

Die Vorbereitung auf die am Dienstag beginnenden Paralympics in Tokio waren in Pandemiezeiten extrem erschwert und erforderten von den Athleten eine Menge Kreativität.

«Wir haben die Natur als Trainingsstätte nutzen müssen», sagte Alexander Kosenkow, 2008 Olympia-Fünfter in der 4×100 Meter-Staffel und heute Begleitläufer des sehbehinderten Marcel Böttger, der Deutschen Presse-Agentur: «Für eine kurze Zeit wurden andere Wege als gewohnt gegangen. Und ein Zimmer im Haus musste zum Fitnessstudio umgebaut werden.» Statt des Trainingsgeländes hätten die «öffentliche Straße oder die Berge herhalten» müssen, erklärte Kosenkows Partner Böttger. «Deutlich aufwendiger und zeitintensiver» sei die Zeit gewesen, betonte der 28-Jährige.

Verschiebung brachte etwas Ruhe

Auch Prothesen-Sprinter Johannes Floors erinnert sich vor allem an das Vorjahr, als «wir Probleme hatten, Trainingsmöglichkeiten zu finden, weil jegliche Trainingsanlagen geschlossen waren. Und nicht wussten, ob wir unsere Form irgendwie auf Feldwegen halten müssen». Durch die Verschiebung um ein Jahr habe daher «ein bisschen Ruhe reingekommen.

Auch für Floors‘ Rivale und Staffel-Partner Felix Streng verlief die Vorbereitung auf die Spiele in Tokio alles andere als nach Plan. «Definitiv nicht normal» sei sie gewesen, sagte der inzwischen in London trainierende Prothesen-Sprinter über das ab Dienstag in Tokio beginnende Highlight im Behindertensport. «Es war eine Umstellung.» Nicht zuletzt gab es auch viel weniger Wettkämpfe.

«2020 gab es praktisch keine internationalen Wettkämpfe, und auch 2021 waren nur drei größere Events auf dem Programm», sagte Rad-Paralympics-Sieger Michael Teuber «Die Wettkampfpraxis und die Standortbestimmung fehlen also ein wenig.»

Teuber will wieder Gold

In der japanischen Hauptstadt peilt der 53 Jahre alte Routinier seine sechste Goldmedaille an. Die Verlegung um ein Jahr empfinde er aber als Nachteil gegenüber der deutlich jüngeren Konkurrenz und sieht sich nicht als Favorit an. «Die Verschiebung der Spiele ist also gut für die aufstrebenden Fahrer und eher schlecht für mich», sagte Einzelfahrtspezialist Teuber. Statt Trainingslager im wärmeren Ländern zu machen, übte auch mal eine Kleingruppe in Deutschland zusammen.

Für Schwimm-Weltmeisterin Elena Krawzow verursachte die Verschiebung der Paralympics von 2020 auf 2021 noch ganz andere Probleme. «Mental» sei die Verlegung «ein Schlag gewesen», berichtete die 27-Jährige. «Ich hatte Schwierigkeiten meine Motivation aufrechtzuerhalten. Mir haben das Ziel und die ganze Planung gefehlt.»

Für den Höhepunkt Tokio hat sich Krawzow wieder in Form gebracht, auch wenn sie großen Respekt vor ihren dritten Paralympics hat – die komplett anders werden als die zuvor. «Die Spiele werden besonders sein, und ich bin mir sicher, es kommt einiges, was wir als Sportler bisher in keinem Wettkampf so erlebt hatten», sagte die Berlinerin.

Von Tobias Brinkmann und Holger Schmidt, dpa