Corona-Lage in Tokio spitzt sich vor den Paralympics zu

Wegen der sich zuspitzenden Corona-Situation in der Gastgeber-Stadt Tokio sollen wie schon bei Olympia auch bei den Paralympics Zuschauer weitgehend ausgeschlossen werden.

Diese Entscheidung wird laut japanischen Medien am Montag bei einem Treffen der Organisatoren mit dem Internationalen Paralympischen Komitee (IPC) und der Regierung in Tokio erwartet. Seit Beginn der Sommerspiele hat sich die Zahl der täglichen Neuinfektionen in Tokio wegen der explosionsartigen Ausbreitung der Delta-Variante mehr als verdoppelt. Am Freitag registrierte die Hauptstadt 5773 Fälle binnen 24 Stunden und damit den höchsten Stand seit Ausbruch der Pandemie.

Experten und Politiker schlagen deshalb kurz vor der für den 24. August geplanten Eröffnung der Paralympics Alarm. Die Zahl der Corona-Patienten mit schweren Symptomen stieg landesweit auf den Höchststand von 1478 Fällen, wie das Gesundheitsministerium am Freitag bekanntgab. Zugleich kletterte die Zahl der Neuinfektionen binnen 24 Stunden landesweit erstmals über die Marke von 20.000.

Maßnahmen gefordert

Es sei nicht mehr allein ein Problem großer Städte wie Tokio, sagte Haruo Ozaki, Chef des Tokioter Medzinerverbandes. Die Gesundheitsämter arbeiteten an der Belastungsgrenze. Ozaki forderte, den Corona-Notstand auf das ganze Inselreich auszuweiten.

IPC-Präsident Andrew Parsons hatte zuvor bekräftigt, die Paralympics könnten wie Olympia sicher veranstaltet werden. «Die Spiele haben gezeigt, dass die Maßnahmen gegen Covid-19 funktionieren», beteuerte Parsons. Dies könne den Paralympics-Machern Zuversicht geben. Dennoch dürfe man nicht bequem werden. «Wir können die aktuellen Fallzahlen in Japan und Tokio nicht ignorieren», sagte der Chef des Dachverbands. Jeder Beteiligte an den Paralympics müsse Vorsicht walten lassen und sich strikt ans Corona-Regelwerk halten.

Die Gouverneure des Landes forderten die unter Druck stehende Zentralregierung von Ministerpräsident Yoshihide Suga ebenfalls zu «drastischen Maßnahmen» auf. So sollten Ausgangssperren wie in anderen Ländern in Erwägung gezogen werden und der Bevölkerung in deutlichen Worten die ernste Lage klar gemacht werden, hieß es. Unterdessen wurde bekannt, dass es sich bei Japans erstem Fall der Lambda-Variante des Virus um eine Frau handelte, die in Peru war und am 20. Juli mit einer Olympia-Akkreditierung wieder zurückkehrte.

Situation in Tokio «außer Kontrolle»

Ein Expertenteam der Regierung hatte die Infektionslage in der am schwersten betroffenen Hauptstadt Tokio am Vortag mit der einer Katastrophe, die «außer Kontrolle» sei, verglichen. Die medizinische Versorgung einschließlich normaler Patienten sei am Anschlag. Ministerpräsident Suga appellierte erneut an die Bevölkerung, während der Sommerferien und des laufenden buddhistischen Ahnenfestes O-Bon auf Reisen zu verzichten und möglichst zu Hause zu bleiben. Suga setzt darauf, dass sich die Krise mit dem sehr langsam angelaufenen, aber inzwischen beschleunigten Impfprozess entspannen wird.

Die Gouverneure machten sich für die Einrichtung eines landesweiten Mechanismus zur Koordinierung medizinischer Kräfte stark. Der für seine direkte Art bekannte populistische Politiker Taro Hashimoto forderte am Freitag im Fernsehen unter anderem eine Maskenpflicht, Geldbußen bei Zuwiderhandlung und die Verwendung von Impfnachweisen für Besuche von Restaurants und anderen Einrichtungen. Der vierte Notstand im Großraum Tokio sowie anderen Präfekturen sieht bisher nur Appelle an die Bürger vor, möglichst zu Hause zu bleiben. Restaurants dürfen zudem keinen Alkohol ausschenken und sollen früher schließen.