Costa Ricas 0:7-Verlierer als DFB-Hoffnung

Costa Rica ist ein schönes Land. Ein Touristenziel. An «La Pura Vida» (das pure Leben) werden Deutschlands Nationalspieler bei der Fußball-WM in Katar aber nicht denken, wenn sie am Sonntag (11.00 Uhr/ZDF und MagentaTV) auf einen Coup des Nationalteams um den gealterten Keeper Keylor Navas gegen Japan hoffen.

Das deftige 0:7 gegen Spanien wirkt bei dem Außenseiter nach. «Die Zweifel, die das hinterlassen hat, sind verständlich. Aber es liegt an uns, gegen Japan das Blatt zu wenden», sagt Abwehrspieler Kendall Waston von Deportivo Saprissa. 

Es war ein Abend der Schmach. Und dieses chancenlose Team von Trainer Luis Fernando Suárez wird nun zur großen Hoffnung für Manuel Neuer und seine Kollegen. Holt Costa Rica im Duell der Außenseiter mindestens einen Punkt oder sogar einen Sieg, erhöhen sich Deutschlands Chancen auf das Achtelfinale deutlich. Gewinnt dagegen Japan zum zweiten Mal, wäre die Elf von Bundestrainer Hansi Flick schon bei einem Remis gegen die brutal starken Spanier am Abend (20.00 Uhr) fast sicher ausgeschieden – weil Spanien nach dem 7:0 in Sachen Torverhältnis kaum noch einzuholen ist.

Nun gegen Japan

Das Team um Champions-League-Routinier Navas bereitet sich im kleinen Al-Ahli-Stadion auf die Aufgabe gegen die flinken Japaner vor. Ein Flutlicht funktioniert an dem Abend nicht, hell genug ist es trotzdem beim Training. Die Tartanbahn wirkt etwas verblichen. Normalerweise spielt hier der Al Ahli Sports Club, einst Al Najah SC, der älteste Verein im reichen Emirat Katar, gegründet 1950. Suárez nimmt an der Mittellinie erst einmal einen Schluck Wasser. Wenn er das zu Hause machte, erinnerte ihn lange ein Zettel an der Kühlschranktüre noch vor dem entscheidenden Playoff-Spiel im Juni gegen Neuseeland an die Gegner in der Gruppe E. 

1:0 hatte Costa Rica die Partie gewonnen und damit die Hoffnungen auf einen WM-Auftritt wie vor gut acht Jahren ernährt. 2014 zählte die Elf zu den besten acht Teams des Turniers. Ein Auftritt wie «pura Vida». Suárez war damals übrigens Trainer von Honduras bei der WM, 2006 hatte er Ecuador in die Endrunde geführt. Doch diesmal, nach dem 0:7, herrscht Frust. 

Japaner wollen mehr

Ganz anders als bei den Japanern, die nach dem Coup gegen die DFB-Elf feierten. Für Japan ist die Ausgangslage exzellent: Gelingt gegen Costa Rica ein weiterer Sieg, ist das Achtelfinale fast perfekt. «Wir werden jetzt nicht von Freude auf Trauer umschalten, aber es gibt weiterhin einiges zu tun. Wir müssen zurückschauen und sehen, was wir für das nächste Spiel besser machen können», sagte Cheftrainer Hajime Moriyasu.

Damit könnte sich Japan auf die Spuren von Costa Rica machen, das 2014 eine Gruppe mit England, Italien und Uruguay meisterte und dann sogar sensationell ins Viertelfinale einzog. Das riefen auch die Japaner nun als Ziel aus. «Wir haben einen tollen Sieg gefeiert, aber es geht weiter», sagte Moriyasu. Seine Joker Ritsu Doan und Takuma Asano könnte er erneut von der Bank bringen, von wo aus sie das Deutschland-Spiel mit viel Tempo und Torgefahr entschieden.

Costa Rica hingegen spielt immer noch mit einigen Akteuren, die 2014 für die furiose WM sorgten. Navas zum Beispiel: Eine Demütigung wie gegen Spanien erlebte der 35 Jahre alte Ersatzkeeper von Paris Saint-Germain auch noch nicht. Oder der eingewechselte Bryan Ruiz, 37 Jahre alt und eine Ikone in der Heimat. Sie müssten aufhören, klein zu denken, hatte er vor der Abreise gesagt zu seiner letzten WM und zu – so wie es nun aussieht – seinen noch beiden zwei Länderspielen. Für den 17. Dezember – einen Tag vor dem Finale – hat er aber schon weit vor der krachenden Auftaktpleite sein Abschieds-Clubmatch in Costa Rica angesetzt.

Jens Marx und Patrick Reichardt, dpa