Nach dem weitesten Stoß der Leichtathletik-Geschichte mit der 7,26 Kilogramm schweren Kugel gab Ryan Crouser ein großes Versprechen ab.
«Es ist großartig, dass wir nun einen 100 Prozent sauberen Weltrekord haben», sagte der 28 Jahre alte Amerikaner. Mit seinen 23,37 Metern löste der Olympiasieger von 2016 bei den US-Meisterschaften in Eugene seinen Landsmann Randy Barnes (23,12) ab, der zu den zahlreichen Doping-Sündern dieser Disziplin zählte.
Crouser war noch gar nicht geboren, als Barnes vor 31 Jahren eine Bestmarke scheinbar für die Ewigkeit aufstellte. Der Weltrekord hatte sich bei ihm aber schon länger angedeutet. Bereits in der Qualifikation glänzte der WM-Zweite mit 22,92 Meter, sechs Stunden später übertraf er im vierten Versuch die Barnes‘ Weite um 25 Zentimeter. Der zweimalige Weltmeister Joe Kovacs musste sich mit mehr als einem Meter geschlagen geben. Crouser hatte im Januar mit 22,82 Metern Barnes bereits den Hallenweltrekord abgenommen.
Historischer 132. Stoß
Bei seinem 132. Stoß über die 22-Meter-Marke landete seine Kugel knapp vor der Betonumrandung und schoss weiter in den Rasen. Crouser schlug die Hände über dem Kopf zusammen und nahm die Glückwünsche seiner Konkurrenten an, als die Weite noch gar nicht angezeigt war.
«Der Sport hat sich so sehr verändert seitdem, Doping-Tests haben ihn sauber gemacht», sagte Crouser später laut NBC bei seinem Blick in eine unrühmliche Vergangenheit. Er sei glücklich, dass der Rekord in diesem Kontrollsystem gefallen sei.
Für den 2,01 Meter großen und 145 Kilo schweren Sportler war es «ein wirklich spezieller Moment» im neuen Hayward Field-Stadion, wo der Mann aus Oregon einst seine ersten Wettkämpfe bestritt. «Ich hatte den Weltrekord schon so lange gewollt, es fühlte sich an, als ob ein Stein von meinem Herzen gefallen sei. Ich wusste, dass ich die Stärke und die Power habe, ich musste es nur umsetzen.» Für Crouser – dessen lange roten Haare mit einem Dutt und einem Stirnband gebändigt sind – ging ein langgehegter Traum in Erfüllung: «Ich habe an diesen Moment gedacht, seit ich angefangen habe zu stoßen.»
Timmermann: «Nicht sein letztes Wort»
Vorgänger von Barnes als Freiluft-Weltrekordler war der frühere DDR-Leichtathletik-Star Ulf Timmermann (58), der bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul auf 23,06 Meter kam. Er, Barnes und Crouser sind die einzigen, die jemals über 23 Meter stießen. Timmermann traut dem neuen Weltrekordler weitere Steigerungen zu. «Das wird nicht sein letztes Wort gewesen sein», sagte der Berliner der Deutschen Presse-Agentur. «Er hat eine tolle Technik, ist unglaublich dynamisch und sehr konstant.»
Timmermann, der Verwicklungen in das Staatsdoping der DDR stets bestritten hat, will sich bei Crouser nicht an Doping-Spekulationen beteiligen: «Ich bin kein Freund davon, alles in Frage zu stellen.» Fakt ist, dass Crouser die Drehstoßtechnik perfektioniert hat, explosiv wie kaum ein anderer im Ring agiert und als Modellathlet gilt. Auch der Leipziger David Storl, 2011 und 2013 Weltmeister, galt einst als ein neuer Typ Kugelstoßer. Mit seiner Angleit-Technik hat der heute 30-Jährige aber den Anschluss an die Weltspitze verloren.