Dausers EM-Fluch wirbelt deutsche Turn-Riege durcheinander

Erst verturnt, dann verletzt und nun von einem Virus gestoppt: Turn-Star Lukas Dauser ist seit drei Jahren von einem EM-Fluch verfolgt.

Ohne den Barren-Weltmeister und mit zwei Neulingen ist die sechsköpfige Riege von Bundestrainer Valeri Belenki zu den am Mittwoch beginnenden Titelkämpfen im italienischen Rimini aufgebrochen. Für den 30-jährigen Dauser ist das ein besonders harter Schlag. «Ich war topfit, habe eine super Quali geturnt und hatte richtig Bock auf die EM», schrieb der Unterhachinger bei Instagram. «Es macht mich traurig, nicht mit nach Rimini reisen zu können, ich habe in den letzten Wochen und Monaten alles gegeben, aber gegen dieses Virus bin ich einfach machtlos.»

Seit Bronze an seinem Spezialgerät Barren bei der Corona-EM 2021 in Basel ist dem deutschen Sportler des Jahres bei Europameisterschaften das Glück abhandengekommen, während er bei Olympia und WM Höhenflüge feierte. Bei der Heim-EM 2022 in München musste er als Favorit im Finale unfreiwillig vom Gerät und wurde nur Achter. Im vorigen Jahr hatte ein Muskelbündelriss in der Schulter seinen Start in Antalya verhindert. Und nun verpasst der Olympia-Zweite, der in Halle an der Saale lebt und dort bei Hubert Brylok trainiert, die nächste EM.

Alarmierende Symptome und Zukunftsfragen

«Eine akute Influenza in Kombination mit einer bakteriellen Infektion und damit ein zu hohes gesundheitliches Risiko» bedeuteten kurz vor der Abreise das Aus. Sechs Tage hohes Fieber «und ein Krankheitsgefühl, das ich in so einem Ausmaß noch nie hatte», waren für Dauser die alarmierenden Symptome.

Nach seiner Ansicht hat er sich die Grippe vom Challenge Cup in Osijek mitgebracht. In Kroatien war Dauser verheißungsvoll in die Olympia-Saison gestartet und hatte den Barren-Wettbewerb überlegen vor Europameister Illia Kowtun aus der Ukraine gewonnen.

Doch schon bei der anschließenden EM-Qualifikation im olympischen und paralympischen Trainingszentrum Kienbaum machten sich erste Erkältungsbeschwerden bemerkbar. Dauser turnte nur an vier statt allen sechs Mehrkampfgeräten, präsentierte sich dabei am Barren aber weltmeisterlich. Nun kann der 30-Jährige frühestens im kommenden Jahr erneut EM-Gold anvisieren.

Ob es dazu kommt? Mit Verweis darauf, sich voll auf die Olympischen Spiele in Paris zu konzentrieren, hatte er Fragen nach seiner sportlichen Zukunft zuletzt immer offen gelassen.

Turn-Riege für Rimini durcheinander gewirbelt

Nicht nur Dausers Aus hat die Riege von Bundestrainer Belenki tüchtig durcheinander gewirbelt. Denn kurz zuvor musste der 54-Jährige den EM- und Olympia-K.o. von Qualifikationssieger Lucas Kochan verkraften. Der Cottbuser erlitt im Training in Kienbaum einen Kreuzbandriss im linken Knie.

Daraufhin hatte Belenki bereits mit der Nominierung des als Einzelstarter vorgesehen Milan Hosseini (Böckingen) fürs Team reagiert. Der 22-Jährige hatte im Vorjahr mit EM-Bronze am Boden überrascht.

Durch Dausers Zwangspause kommt nun Carlo Hörr zu seinem EM-Debüt und gleich im Mannschaftsmehrkampf zum Einsatz. Der 25-jährige aus Schmiden war Vierter in der Qualifikation und ergänzt das Team um Routinier Andreas Toba (Hannover), den deutschen Mehrkampf-Meister Pascal Brendel (Wetzlar), Nils Dunkel (Halle/Saale) sowie Hosseini. Den Platz als Einzelstarter vergab der Bundestrainer an den 18-jährigen Gabriel Eichhorn (Stuttgart) und damit an einen weiteren EM-Neuling.

Durch die Ausfälle der Etablierten Dauser und Kochan sind die Medaillenchancen in der Mannschaft erheblich gedämpft worden. Genährt worden waren die Aussichten auf einen Podestplatz durch Rang fünf und die damit verbundene Olympia-Qualifikation bei den Weltmeisterschaften im vorigen Oktober in Antwerpen. «Wenn du deinem Gegner auf die Fersen trittst, werden die auch nervöser und wackelig», hatte Belenki zuletzt in Kienbaum gesagt. Nun muss seine neu formierte Riege zum EM-Auftakt erst mal das Team-Finale am Sonntag erreichen.

Von Martin Kloth, dpa