Delaney als «fantastischer Kämpfer» und emotionaler Anker

Thomas Delaney ist bei dieser EM nicht nur als Stabilisator des dänischen Mittelfelds gefragt. Als Pierre-Emile Höjbjerg von seinen Gefühlen überwältigt nach dem Halbfinaleinzug weinend auf dem Rasen in die Knie ging, war der Profi von Borussia Dortmund sofort für ihn da.

«Es sah so aus, als ob er eine Umarmung brauchte», berichtete Delaney über die berührende Szene nach dem 2:1 gegen Tschechien. «Alle Gefühle kamen raus, nach allem was wir durchgemacht haben.»

Der 29-Jährige ist bei diesem so außergewöhnlichen Turnier für Dänemark so etwas wie der emotionale Anker des Teams. Als Christian Eriksen im ersten Gruppenspiel gegen Finnland zusammenbrach und wiederbelebt werden musste, initiierte Delaney einen menschlichen Wall, mit dem der Teamkollege vor den Kameras und Blicken der Zuschauer geschützt wurde.

«Er hat einen unglaublichen Anteil», sagte der dänische Nationaltrainer Kasper Hjulmand über den Musterprofi: «Er ist unbezahlbar und ein geborener Anführer.» Delaney ruhe in sich selbst, «hat einen starken Willen und ist zugleich ein Kämpfer und fürsorglich».

«Wir sind wie eine Familie»

Yussuf Poulsen von RB Leipzig lobte seinen Bundesliga-Kollegen vor dem Halbfinale gegen England am Mittwoch (21.00 Uhr/ZDF und Magenta TV) als großen «Motivator» auf dem Feld. «Er gibt immer 100 Prozent – auch in schwierigen Situationen. Ein fantastischer Kämpfer», sagte Poulsen. «Er hat immer gute Laune und ist offen für ein Gespräch. Wir kennen uns so gut, weil viele von uns seit Jahren zusammen spielen. Wir sind wie eine Familie.»

Seit acht Jahren spielt Delaney bereits im Nationalteam – und glänzte bei der EM zuletzt sogar in ungewohnter Rolle. Gegen Tschechien erzielte er nach einer Ecke die frühe Führung – sein insgesamt erst sechstes Länderspieltor. «Es war nicht der Plan, dass ich köpfe», berichtete er danach schmunzelnd. Von seinen Gegenspielern völlig alleine gelassen, konnte Delaney aber kaum anders, als mit dem 1:0 den Weg für den ersten Halbfinaleinzug der Dänen seit dem Überraschungscoup 1992 zu bereiten.

Zukunft in England?

Dieser führt Danish Dynamite 2.0 nun zum Mit-Gastgeber England – wo auch Delaneys ganz persönliche Zukunft liegen könnte. Bereits mehrfach wurde der Routinier, der 2018 von Werder Bremen zu Dortmund gewechselt war und noch eine Saison beim BVB unter Vertrag steht, mit einem Transfer in die Premier League in Verbindung gebracht. Auch während des Turniers gab es immer wieder Spekulationen über mehrere Interessenten wie Crystal Palace, Norwich City und den FC Southampton.

Vor weiteren Gedankenspielen steht aber zuerst die Chance, eine beeindruckende EM zu krönen. «Wir hatten ein Ziel: Wir wollten nach Wembley», berichtete Delaney und schwärmte von der Unterstützung der Fans. «Wir sind einfach nur stolz hier zu sein. Meine Generation ist aufgewachsen mit den Spielern von 1986 und 1992 – und jetzt sind wir an dieser Stelle. Es ist schön zu sehen, was wir für eine Freude sorgen, das treibt uns an.» So wie Delaney seine Teamkollegen antreibt. «Er ist ein fantastisch wichtiger Spieler für uns», lobte Poulsen ihn in höchsten Tönen.

Von Florian Lütticke, dpa