Der HSV und die Unruhe bei der Trainersuche

Der Effekt durch den Trainerwechsel beim Hamburger SV ist verpufft. Der Druck auf die sportliche Führung des Zweitligisten in der Frage nach dem richtigen Coach für den erhofften Aufstieg ist nach dem schwachen Auftritt beim 2:2 (1:0) bei Hansa Rostock größer denn je.

Auch Interimstrainer Merlin Polzin lieferte im ersten Spiel nach dem Aus für Tim Walter wenig Argumente, wie der wankende Traditionsclub es nach sechs Jahren zurück in die Fußball-Bundesliga schaffen soll. «Ein Fortschritt ist es natürlich leider nicht», sagte Angreifer Robert Glatzel.

In der Verfassung wird der HSV auch die siebte Saison in der 2. Liga planen müssen. Vor allem Sportvorstand Jonas Boldt ist nach dem phasenweise enttäuschenden Auftritt beim Abstiegskandidaten gefragt. Boldt setzte als Walter-Nachfolger auf den 33 Jahre alten unerfahrenen Polzin – mit Aussicht auf eine längere Beschäftigung. Doch das fehleranfällige und unsichere Auftreten der Mannschaft insbesondere im zweiten Durchgang in Rostock erinnerte an viele Leistungen unter Vorgänger Walter. Am Montag war die Trennung vom Coach nach mehr als zweieinhalb Jahren verkündet worden.

Auch der Name Magath wird wieder gehandelt

Nach dem Auftritt in Rostock wachsen die Zweifel, ob Trainer-Neuling Polzin den Traditionsclub zum Aufstieg führen kann. «Es geht einzig und allein um den HSV, es geht nicht um meine Person», sagte der 33-Jährige. Er habe in der Woche keine Zeit gehabt, sich Gedanken über seine Zukunft zu machen. «Nach einem Trainerwechsel erhofft man sich ja gleich ein positives Erlebnis. Bitter, dass es ausgeblieben ist», sagte Glatzel, der spät (86. Minute) das Remis rettete. Jean-Luc Dompé (34.) hatte das 1:0 erzielt. 

Die Liste der in der Öffentlichkeit gehandelten Trainer-Kandidaten wurde zuletzt zudem etwas kürzer. Friedhelm Funkel ist nun in Kaiserslautern, André Breitenreiter beim englischen Zweitligisten Huddersfield. Es liegt nahe, dass Boldt seine Suche nach einem neuen Coach nach dem Auftritt in Rostock intensivieren wird. Zuletzt galt der frühere Kölner Steffen Baumgart, bekennender HSV-Fan, als Kandidat. HSV-Anteilseigner Klaus-Michael Kühne sprach sich für Club-Idol Felix Magath aus. Magath, der schon mal zwischen 1995 und 1997 HSV-Coach war, hatte Hertha BSC 2022 vor dem Bundesliga-Abstieg bewahrt. 

Aber könnte Magath auch Aufstieg? Der HSV droht den Anschluss an Tabellenführer FC St. Pauli und den Zweiten Holstein Kiel zu verlieren. Holstein Kiel steht nach seinem 4:0 in Paderborn vier Punkte vor dem HSV. Die Hamburger liegen auf dem Aufstiegsrelegationsrang. 

Elversberg als nächster Prüfstein

Die Fans des HSV sehnen sich nach Stabilität. Dabei war die Leistung in Rostock zumindest in der ersten Hälfte in Ordnung. «Was die defensive Stabilität angeht, haben wir wenig bis gar nichts zugelassen», bilanzierte Polzin. Der Interimstrainer beorderte den defensiven Mittelfeldspieler Jonas Meffert bei Ballbesitz der Rostocker in die Innenverteidigung. 

Das hatte aber nur in Hälfte eins den gewünschten Effekt. Sein Team habe es nicht geschafft, «diese Stabilität aufrechtzuerhalten», gab Polzin zu. Nächster Gegner des Nordclubs ist am kommenden Sonntag Aufsteiger SV Elversberg, der immer wieder für Überraschungen gesorgt hat. Ob Polzin dann eine weitere Chance erhält, ist fraglich.

Von Felix Schröder, dpa