DFB-Arzt: Risiko für Kreuzbandriss bei Fußballerinnen höher

Fußballerinnen sind wesentlich anfälliger für Kreuzbandrisse als Fußballer.

«Je nach Studie wird das Risiko einer Kreuzbandverletzung für Frauen im Gegensatz zu Männern drei- bis sechsmal höher beschrieben, manche Autoren gehen von einem noch höheren Risiko aus», bestätigte Tobias Schmenn, Nationalmannschaftsarzt bei den DFB-Frauen, der Deutschen Presse-Agentur.

Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie am Praevent Centrum Dortmund und Oberarzt der Sportklinik Hellersen sieht dafür vielfältige Gründe. «Hier spielen bei Frauen eine eher bestehende X-Beinachse, ein Überwiegen der vorderen Oberschenkelmuskulatur zur hinteren und ein eher aufrechtes Landen aus dem Sprung eine Rolle. Männer landen eher in die Kniebeuge hinein», erklärte Schmenn. 

Hinzu kämen wahrscheinlich gewisse zusätzliche anatomische Unterschiede wie eine etwas engere knöcherne Situation im Bereich der oberen, vorderen Kreuzbandaufhängung und ein möglicherweise etwas erhöhtes Gefälle des Schienbeinkopfes. «Darüber hinaus werden auch hormonelle Faktoren diskutiert. So haben Untersuchungen gezeigt, dass Östrogen zu einer Lockerung des Gewebes und Abnahme der Zugfestigkeit des Kreuzbandes führt», ergänzte der 42-Jährige.   

Derzeit kuriert in Giulia Gwinn vom FC Bayern München eine Vize-Europameisterin einen Kreuzbandriss aus. Es ist bereits der zweite der 23 Jahre alten Abwehrspielerin. Spielmacherin Dzsenifer Marozsan von Olympique Lyon fehlte den deutschen Frauen bei der EM im Sommer in England wegen einer ähnlichen Verletzung. Weltfußballerin Alexia Putellas vom FC Barcelona fiel deshalb beim spanischen Team aus. 

Landläufigen Meinungen, wonach ein Riss des vorderen  Kreuzbandes nach sechs Monaten auskuriert sei, widersprach Schmeen: «Die durchschnittliche Dauer bis zum sogenannten ‚Return to competition‘, also der Rückkehr ins Spielgeschehen, liegt bei circa neun Monaten. Und das gilt unter optimalen Bedingungen.» Bei Spielerinnen der Frauen-Bundesliga komme neben muskulären Unterschieden auch noch die Tatsache hinzu, dass die meisten zusätzlich einer normalen Arbeit nachgehen oder studieren. So könne nicht der gesamte Fokus auf die Rehabilitation oder noch besser die Prävention gelegt werden.