DFB-Frauen fürchten Schlangen mehr als Lagerkoller

«Bitte achten Sie auf Schlangen. Wenn Sie sie sehen, halten Sie sich bitte fern.» So warnt ein Schild in englischer Sprache auf dem weitläufigen Mercure Kooindah Waters Hotel die deutschen Fußballerinnen. Sichtlich geschafft von der 27-stündigen Reise, aber empfangen von bestem Wetter ist der Mitfavorit der Weltmeisterschaft in seinem australischen Quartier Wyong angekommen.

Das liegt wie die Base Camps der deutschen Männer bei den beiden vergangenen WM-Turnieren in Russland und Katar ziemlich im Niemandsland – soll aber kein schlechtes Omen sein: Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg fürchtet jedenfalls keinen Lagerkoller. 

So eine richtige Innenstadt hat der 4500-Einwohner-Ort knapp 100 Kilometer nördlich von Sydney nicht zu bieten – aber viel schöne Natur. Rund ums Golfhotel gibt es Grünanlagen, kleine Farmen und Häuser mit großen Gärten.

Die Kapitänin und gelernte Tierpflegerin Alexandra Popp hatte sich vor dem Abflug einen Spaß erlaubt mit einer kleinen Präsentation über die eine oder andere Tierart Down Under. «Koalas, unterschiedliche Arten von Kängurus und natürlich auch über das, was da auf uns zukommen kann – die giftigsten Tiere der Welt», erzählte die 32 Jahre alte Wolfsburgerin – und meinte damit vor allem Schlangen und Spinnen. «Das kam nicht so gut an bei den Spielerinnen», räumte sie grinsend ein.

«Wir haben alle Bock»

Ein Teil des DFB-Reisetrosses mit insgesamt 70 Personen war schon einen halben Tag vorher vor Ort und begrüßte die Spielerinnen mit schwarz-rot-goldenen Fahnen. Mit einem müden «Ahoi» grüßte Popp, als sie aus dem Bus stieg. «Wir haben alle Bock, haben alle Lust. Aber gerade ist man noch so ein bisschen träge und müde. Wir sind jetzt einfach froh, hier zu sein», sagte Mittelfeldspielerin Lena Oberdorf vom VfL Wolfsburg in einem DFB-Video.    

Die erste lockere Trainingseinheit im Central Coast Regional Sporting & Recreation Sporting Complex stand wenige Stunden nach der Ankunft an. Dabei fehlten die angeschlagenen Oberdorf (Muskelblessur im Oberschenkel) und Marina Hegering (Fersenprellung). Oberdorf radelte auf einem Ergometer.     

Tagsüber hatte die Temperatur sogar 22 Grad erreicht, dabei ist in Australien gerade Winter. Die DFB-Frauen haben ihr Base Camp in Wyong während des ganzen Turniers aufgeschlagen. Die Vize-Europameisterinnen fliegen zur ersten Vorrundenpartie am 24. Juli (10.30 Uhr MESZ/ZDF) gegen Außenseiter Marokko nach Melbourne. Die weiteren Gegner in Gruppe H sind Kolumbien am 30. Juli in Sydney und Südkorea am 3. August in Brisbane.

Wohlfühlumfeld Down Under

«Ich weiß nicht, ob die Männer schlechte Erfahrungen gemacht haben. Wir haben ein gutes Umfeld, in dem wir uns wohlfühlen», sagte Voss-Tecklenburg in einem Interview der «Frankfurter Rundschau». An den abgelegenen Unterkünften der DFB-Männer bei den misslungenen Weltmeisterschaften 2018 und 2022 hatte es so manche Kritik gegeben. Die Bundestrainerin verwies darauf, dass die Frauen am Tag vor jedem Spiel in einem Transferhotel sind – und damit direkt in Großstädten wie Melbourne, Sydney oder Brisbane.

«Und wir haben ja vorher die Spielerinnen gefragt. Als erste Antwort, was ihnen wichtig ist, kommt immer: ein kurzer Weg zum Trainingsplatz», sagte die 55-Jährige. «Ich denke, wir haben ein Quartier mit vielen Vorteilen, aber auch einigen Nachteilen. Dieses Team hat doch genau die Stärke, keinen Lagerkoller zu empfinden.» Als Ablenkungsmöglichkeit gebe es vielleicht «auch mal Spinnen jagen».  

Von Michelle Ostwald und Ulrike John, dpa