DFB-Frauenteam bleibt Großbaustelle

Horst Hrubesch wünschte am Ende des Ausflugs nach Swansea noch «frohe Weihnachten», doch die deutschen Fußballerinnen können mit wenig Optimismus ins neue Jahr gehen.

Vier Monate nach dem WM-Debakel von Australien schrammte die Auswahl des Interimsbundestrainers beim 0:0 gegen Wales knapp am nächsten herben Rückschlag vorbei. Das Frauen-Team bleibt eine Großbaustelle im Deutschen Fußball-Bund – auch wenn der 72-Jährige vorerst weitermacht und Abwehrspielerin Sara Doorsoun ankündigte: «Jetzt greifen wir im neuen Jahr voll an, um den Olympia-Traum wahr werden zu lassen.»

Nur dank der Schützenhilfe von Island, das überraschend Dänemark mit 1:0 besiegte, erreichten die DFB-Frauen als Gruppensieger das Finalturnier der Nations League vom 21. bis 28. Februar, wo noch zwei europäische Tickets für Paris 2024 vergeben werden. Auf die Auslosung am Montag schaut Hrubesch in der Hoffnung, dass sein Team im Halbfinale gegen Frankreich spielt. Da die Französinnen als Gastgeber für Olympia gesetzt sind, würde bei deren Endspielteilnahme auch der dritte Platz reichen. Bei einer Niederlage bekäme Deutschland also eine weitere Chance – und wäre bei einem Sieg in Paris dabei. 

Europameister England nicht bei Olympia dabei     

Die Vize-Europameisterinnen um Kapitänin Alexandra Popp könnten aber auch auf Weltmeister Spanien oder auf die Niederlande treffen. Das Oranje-Team siegte in der Gruppe 1 gegen Belgien durch zwei Tore in der Nachspielzeit 4:0 und war damit in der Endabrechnung einen Treffer besser als England (6:0 in Schottland): Damit sind die Vize-Weltmeisterinnen und Europameisterinnen von der Insel bei den Sommerspielen nicht dabei. 

Das blieb der DFB-Auswahl gerade noch erspart. Nach einer mehr als dürftigen Vorstellung im Liberty Stadium gehen die deutschen Fußballerinnen jedenfalls als Außenseiterinnen in die Entscheidung über die Olympia-Qualifikation. «Ich würde dem zustimmen, dass wir nicht als Favorit gehandelt werden», sagte Hrubesch. 

Der 72-Jährige wird auch beim Finalturnier auf der Bank der DFB-Auswahl sitzen, wie er bei der Pressekonferenz in Swansea bestätigte: «So ist es geplant, dass ich da noch dabei bin.» Ob er im Erfolgsfall auch in Paris noch Chefcoach ist, ist weiter ungewiss. 

Die Suche nach einer Dauerlösung auf der Trainerposition nach der langen Hängepartie um die zwischenzeitlich erkrankte Ex-Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg läuft jedenfalls beim Verband. In Kürze soll auch Ex-Weltmeisterin Nia Künzer als neue Sportdirektorin vorgestellt werden.   

Leistungsabfall nach Dänemark-Spiel unerklärlich 

Auch Nationaltorhüterin Almuth Schult, 2016 mit den deutschen Frauen in Rio de Janeiro noch Goldmedaillengewinnerin, war als ARD-Expertin ziemlich erschrocken angesichts des völlig fahrigen Auftritts gegen Wales. «Ich bin leider sehr enttäuscht von der Leistung der deutschen Mannschaft», sagte die Ex-Wolfsburgerin. 

«Wir konnten irgendwie unser Spiel nicht spielen. Es kann nicht sein, dass wir gegen Dänemark so eine Leistung bringen und dann heute so ein Spiel spielen», sagte Mittelfeldspielerin Sjoeke Nüsken vom FC Chelsea vier Tage nach dem starken 3:0 in Rostock. Gegen Wales ließ das Hrubesch-Team jegliche Torgefahr vermissen, selbst Stammkräfte wie Popp, Svenja Huth und Klara Bühl tauchten unter. 

«Da fehlt uns die Konstanz in den Spielen noch, da müssen wir uns an die eigene Nase packen – immer wieder», sagte Bühl vom FC Bayern. «Trotzdem sind wir glücklich, dass wir weiter sind. Auch wenn es ziemlich eklig war», räumte sie ein.

«Dass wir heute so gespielt haben, war nicht unser Anspruch. Am Ende müssen wir uns auch bei Island bedanken», sagte Hrubesch. «Das Positive ist, dass wir noch im Geschäft sind.» Wenn die DFB-Frauen allerdings die Olympia-Qualifikation verpassen, dann haben sie erst im Sommer 2025 wieder ein Turnier – die EM in der Schweiz.  

Von Ulrike John, dpa